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Geschichte der Geowissenschaften

Hydrogeologie (Richthofen, 1886)

Historische Arbeiten

W. Griem, 2020

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Kommentar:
Im Jahr 1886, die noch junge Hydrogeologie und schon werden Themen der Umweltgeologie diskutiert. Das ist für 1886 recht interessant.

Die Texte von Richthofen sind absolut wissenschaftlich, auf einem hohen Standard, der Stil seiner Arbeiten ist perfekt: Am Anfang eine Einführung, danach die Formulierung der Idee im allgemeinen, gefolgt von einigen speziellen Betrachtungen und Erläuterungen und am Schluss einige Beispiele.

Richthofen publiziert eine Liste von nötigen Beobachtungen am Grundwasser - diese haben fast heute noch Bestand:

Temperatur des Wassers
Höhe des Brunnens
Gehalt an Salzen
Veränderungen der Parameter durch die Jahreszeiten.

Die Salze wurden durch den Geschmack des Wassers ermittelt.

Richthofen stellt fest, dass durch organisches Material kontaminiertes Wasser, schwere Epidemien hervorrufen Kann (1886!!!)

"Man fürchtet de Regen" .. . dies gilt auch noch heute in ariden oder semiariden Oasen - der Regen wäscht Salze aus dem Boden und mobilisiert sie, dieses schadet den Pflanzen, dies kann auch so in Atacama beobachtet werden.

Viele Beobachtungen von Richthofen können gut in der Atacama-Wüste nachvollzogen werden, die weißen Salzkrusten nach Regenfällen, abflusslose Becken etc.

 

Aus: Ferdinand Freiherr von Richthofen - Abbildungen 5, 6 y 7 Seite 117. Original-Größe der Abbildungen: 7 cm x 3 cm.

Richthofen, F. (1886): Führer Für Forschungsreisen. - 745 Seiten, Berlin; Verlag Robert Oppenheim. [Sammlung W. Griem]

Die Abbildungen wurden mit einem HP Scanjet G3110 mit 600dpi eingescannt, danach mit Corel Draw - Photo Paint (v. 19) digital bearbeitet. Speziell Filter der Grau­stufen­verbesserung, Elimination von Flecken sowie Ver­besserung der Schärfe wurden bei der Bild­bear­bei­tung angewandt (W. Griem 2020).

Die Texte wurden mit einer Pentax Kr-3 II digi­talisiert und später mit ABBYY (v.14) ver­arbeitet und zur OCR vor­bereitet. Fraktur­schriften wurden mit ABBYY Fine Reader Online in ASCII umge­wandelt; "normale" Schrift­arten mit ABBYY Fine Reader Version 14.
Die Texte wurden den heutigen Recht­schreib­regeln teil­weise ange­passt, es wurden erläuternde und orien­tierende Zeilen ein­gefügt (W. Griem, 2020).

Hydrogeologie: Freatischer Horizont (Richthofen, 1886)
Hydrogeologie, Freatischer Horizont zwischen zwei Tälern (Richthofen, 1886)
Hydrogeologie (Richthofen, 1886)


Verschiedene geologische Gegebenheiten und die Hydrogeologische Situation.

Originaltext in Deutsch, F. Freiherr von Richthofen (1886):
p. 115-120

Fünftes Kapitel.
§. 49: Beobachtungen über Bodenwasser und Quellen.


Alles Wasser hat das Bestreben, der Schwere folgend nach der Tiefe zu dringen; und nur insoweit sich ihm dafür keine Wege bieten, oder es die vorhandenen nicht schnell genug zu benutzen vermag, fließt es an der Oberfläche, oder sammelt sich in Becken. Jedes Gestein vermag in Folge seiner Porosität und Kapillarität Wasser aufzunehmen, wenn auch manches in sehr geringem Maß und nur unter hohem Druck. Einen leichteren Weg bieten die Risse und Klüfte, welche bei Kalksteinen durch Lösung hinreichend erweitert sein können, um ganze Ströme aufzunehmen. Am meisten permeabel ist lockerer Aufschüttungsboden, wie Gebirgsschutt, loser Kies, Sand, vulkanischer Tuff und Löss. 1. 


§ 50: Grundwasser und Brunnen.
Grundwasser. —


Das in den Boden dringende Wasser folgt in der Bewegung nach abwärts den sich ihm darbietenden Kanälen, in der durch sie vorgeschriebenen Richtung, bis es einem Hindernis begegnet, d. h. bis es entweder auf eine in der Tiefe ruhende Wasserschicht stößt und zu deren Erhöhung beiträgt, oder bis es an ein Gestein gelangt, dessen Permeabilität so gering ist, das es nur einem kleinen Teil des andringenden Wassers weiteren Durchgang nach der Tiefe zu gestatten vermag.

Es breitet sich dann auf der Oberfläche dieses Gesteins aus, wenn sie horizontal ist, oder bewegt sich auf ihr nach abwärts, wenn sie geneigt ist, und kann dann die Erdoberfläche an einer Stelle, welche tiefer liegt als das Einströmungsniveau, wieder erreichen. Besonders wasserdicht sind durchfeuchtete plastische Tone und tonige, nicht von Klüften durchsetzte Schichtgesteine; ferner der Lettenbesteg, welcher sehr häufig die Verwerfungsklüfte ausfüllt und die zu beiden Seiten derselben anstehenden Gesteine voneinander trennt, oder eine Gangmasse, besonders auf der Liegend-Seite, von dem Gebirgsgestein scheidet.

Ist die wasserundurchlassende Schicht, wie es am Boden alter See- Ausfüllungen häufig vorkommt, trog förmig gekrümmt, so sammelt sich das Wasser an und bildet eine Art See im Boden, den man als Grundwassersee bezeichnen kann. Die Oberfläche desselben wird nicht eben sein, weil die Wasser-Teilchen in der freien Bewegung gehindert sind, sondern dort, wo das Wasser zufließt, am höchsten sein, den tiefsten Stand aber an den Stellen erreichen, wo dasselbe zu entweichen vermag. Denkt man sich durch den tiefsten Teil einer solchen Mulde einen Kanal gezogen, welcher die undurchlassende Schicht durchschneidet, also einen Kanal von solcher Art wie Flüsse sich ihn häufig graben, so kann das Grundwasser nicht stagnieren, sondern wird zu beiden Seiten des Canals an der Grenze der wasserdurchlassenden Massen gegen die wasserdichte Schicht herausströmen; es ist die einfachste Form der Quellen.

I. Herstammung des Grundwassers. —
Grundwasserseen, d. h. stagnierende, oder langsam sich fortschiebende, weit ausgebreitete und nach oben nicht wasserdicht abgeschlossene Ansammlungen von Wasser im Boden, gehören wesentlich den Alluvial-Tälern der Flüsse, dem Schwemmland und Aufschüttungsboden überhaupt, an. Sie sind in Kulturländern von hoher Wichtigkeit, finden sich aber auch in Steppen und Wüsten, falls der lockere Boden zu einer Tiefe hinabreicht, in welcher seine starke Erhitzung an der Oberfläche nur noch einen indirekten und unbedeutenden Einfluss auf die Verdunstung ausübt. In Talausfüllungen und den großen Niederungen der Ströme kann das Grundwasser einen dreifachen Ursprung haben; denn es stammt teils unmittelbar von dem auf der Ebene selbst niederfallenden Regen, teils ist es von den Gehängen der Umrandung herabgespült und im lockeren Boden versunken, teils kann es, unter gewissen Umständen, von den Strömen her infiltriert sein. Letzteres ist aber nur dann möglich, wenn die Verdunstung durch den erhitzten, porösen Boden hindurch in die Atmosphäre den Niederschlag übersteigt.

Dieser Bedingung entsprechen z. B. regenlose Sandgebiete, oder nur periodisch durch Regen benetzte Länder von lockerem Steppenboden, welche von größeren Strömen durchzogen werden; dann nimmt die Wassermasse der letzteren in der Richtung der Strömung allmählich ab. Ist hingegen der Niederschlag grösser als die Verdunstung, und findet bedeutendes Zuströmen von den benachbarten Gehängen her statt, so wird das Grundwasser in deren Nähe ein höheres Niveau haben als in der Mitte des Thales; daher wird ein langsames Fortschieben gegen diese hin stattfinden. Der Hauptstrom kann dann in der Regel kein Wasser in den angrenzenden Boden sickern lassen, aber sein höherer oder niederer Wasserstand wird doch das Grundwasserniveau im Boden bis auf eine gewisse Entfernung beeinflussen, und bei hohem Stand kann er sogar etwas Wasser dorthin entsenden.

Das Grundwasser speist in bewohnten und kultivierten Ländern die Mehrzahl der Brunnen und kann, wie in China, wo in manchen Gegenden jedes Feld seinen Brunnen hat, zur Berieselung der Äcker und Gärten verwendet werden. Die Brunnen sind gleichsam künstliche Quellen, durch welche der im Boden befindlicher See angezapft wird. Daher bieten sie das Mittel für dessen Untersuchung. Das Wasserniveau sämtlicher Brunnen zeigt dasjenige des Grundwassers an. Die Gestalt der Oberfläche des letzteren richtet sich bei gleichmäßigen Regenfall wesentlich nach der des Bodens. Mit diesem steigt sie in einem Flusstal von dem Strom gegen die Gehänge allmählich an. (Fig.5)

Zwischen zwei Einschnitten in einem Flachland bildet sie eine konvexe Wölbung, deren Scheitel als eine unterirdische Wasserscheide zu bezeichnen ist. (Fig. 6.) Ist der Boden wellig, wie bei Sanddünen, so wiederholt die Wasserfläche die Form desselben in abgeschwächtem Maß. (Fig. 7.) Am Meeresstrand steigt daher die Grundwasserschicht landeinwärts an, und es findet von hier aus ein beständiges Abfließen nach dem Meer, keineswegs ein Eindringen des Meerwassers nach dem Lande statt. Dies beweisen die Süßwasser Brunnen an jedem sandigen oder schlammigen Strand, ebenso wie im Kalksand der Korallenriffe.

Von dem Grundwasser ist die Bodenfeuchtigkeit zu trennen, ein für die Vegetation und hygienische Verhältnisse wichtiges Moment. Sie beruht auf der Kapillarität, der Porosität, dem hygroskopischen Verhalten und der verschiedenen mineralischen Zusammensetzung der Bodenarten. Diese haben die Fähigkeit, das Wasser aus der Grundwasserschicht aufzusaugen, wie man an einem Blumentopf wahrnimmt, der in einem mit Wasser gefüllten Untersatz steht. Man wird daher für die Oberfläche der Bodenfeuchtigkeit ganz andere Kurven bekommen, als für diejenige des Grundwassers; dieselben werden oft große Unregelmäßigkeit zeigen. Zufällige Beimengungen des Bodens, wie mineralische Salze oder Humus, werden darauf großen Einfluss ausüben.

Gegenstände der Beobachtung sind: Die durch Bohrungen oder Brunnenmessungen zu eruierende Gestalt der Wasserfläche, die Temperatur des Wassers, und eventuell die Änderungen beider Faktoren nach Jahreszeiten; ferner der Gehalt des Wassers an mineralischen Salzen, welcher oft schon durch den Geschmack oder durch den Niederschlag beim Kochen erkennbar ist. Bei volkreichen Städten kommt auch der Gehalt an organischen Bestandteilen in Betracht, welche mit dem Wasser in den Boden dringen und je nach dem Steigen oder Fallen des Grundwassers, und wahrscheinlich auch je nach den Hindernissen, die sich der permanenten Fortschiebung desselben darbieten, die Ursache epidemischer Krankheiten werden können.

Der Stand des Grundwassers kann von großer Bedeutung für die Vegetation werden, wo es monatelang nicht regnet, und die Pflanzen auf das im Boden befindliche Wasser angewiesen sind. Besonders sollte auch untersucht werden, ob und in welchem Maß verschiedene Bodenarten die Höhe des Grundwassers beeinflussen und örtliche Unterschiede veranlassen.

In manchen ausgedehnten Erdräumen ist das Grundwasser reich an schwefelsauren und kohlensauren Alkalien, zu denen häufig noch Chloralkalien treten. Man erkennt die Anwesenheit dieser Salze am Geschmack des Brunnenwassers, oft auch an dem der Quellen. Dem Auge machen sie sich dadurch bemerkbar, dass sie auf der Oberfläche des Bodens bei der Verdunstung kristallinisch ausblühen und einen weißen Überzug bilden. Wenn Regen den Boden so stark durchfeuchtet, dass eine Wasser Verbindung von der Oberfläche bis zum Niveau des Grundwassers stattfindet, so verteilen sich die gelösten Stoffe durch Diffusion bis zur Oberfläche, wo das verdunstende Wasser eine Zeitlang durch anderes, kapillarisch aufsteigendes Wasser von unten ersetzt wird und feine Salze zurücklässt.

Noch grösser ist die Konzentration, wenn sich in der feuchten Jahreszeit abflusslose Wasserlachen bilden. Bei der Verkleinerung umgeben sie sich mit einer Zone von Salzausblühungen, und wenn sie ganz verdunsten, lassen sie einen weißen Überzug zurück, der zum Teil vom Wind hinweggenommen und über größere Länder -räume als feiner Salzstaub verteilt wird.

Die Ursache dieses Salzgehaltes kann verschieden sein und sollte in jedem einzelnen Fall, wenn es möglich ist, festgestellt werden. Man kann es mit einem alten Meeresboden zu tun haben, welcher wegen zu geringer Neigung, oder wegen zu geringen Regenfalls, oder in Folge von stehengebliebenen Ansammlungen von Meerwasser nicht ausgelaugt wurde. Chlornatrium wird dann der Hauptbestandteil der Salze sein. Ferner werden derartige Verhältnisse in allen Gegenden hervorgerufen, wo ein Abfluss nach dem Meer nicht stattfindet. Dann werden die durch das Wasser von den höheren nach den tieferen Teilen getragenen, teils aus marinen Sedimenten durch Lösung entführten, teils von der Verwitterung der Gesteine herstammenden Salze, ebenso wie diejenigen, welche durch die Atmosphäre herzugeweht werden, in dem Boden angesammelt und durch Regen größtenteils in das allgemeine Reservoir des Grundwassers gebracht.

Dies ist der Fall in den unten (Kapitel 123) zu betrachtenden Zentralgebieten der Kontinente. Sind später solche Gegenden in den Bereich des Abflusses nach dem Meer gelangt, so bilden die losen Ausfüllungsmassen, insbesondere die Niederschläge aus den zentralen Salzseen, eine erst in langen Perioden zu erschöpfende Vorratskammer der verschiedensten Salze. Solche Länder leiden, wo nicht frische Quellen aus dem Gestein sprudeln, immer an schlechtem, Alkalien reichem und salzigem Trinkwasser. Endlich werden ähnliche Verhältnisse überall hervorgerufen, wo die Verdunstung den Niederschlag überwiegt, und der Boden fortdauernd das infiltrierte Wasser der Flüsse aufsaugt, indem er die ihm von diesen gebrachten Salze zurückhält. Dies ist z. B. in der Gegend von Delhi der Fall, wo die Anlage von Schifffahrtskanälen das Niveau des Grundwassers, daher auch der Bodenfeuchtigkeit, höher gelegt und damit die Auswitterung der Salze nach Regengüssen begünstigt hat. —

Bei Ning-yuen-fu am Gelben Fluss, in der chinesischen Nordwestprovinz Kansu, fürchtet man den Regen. Der Feldbau wird mit Hilfe von Kanälen betrieben, welche das Süßwasser des Stromes in gerade zureichender Menge über die Felder verteilen. Das Regenwasser dringt tiefer ein und lockt aus dem Grundwasser die Salze, welche man mühsam von der Oberfläche ausgelaugt hatte, in erneuter Auflage an diese heran. Ähnliche auf die natürliche Vegetation und die Kulturfähigkeit Licht verbreitende Beobachtungen werden sich in vielen Ländern mit salzhaltigem Grundwasser anstellen lassen.
[weiter mit dem Text]

 

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