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Geschichte der Geowissenschaften: Allgemeine Geologie

Neumayr & Uhlig (1897): Artesischer Brunnen, Algerien

Historische Arbeiten

W. Griem, 2020

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Inhalt
Grundwasser, Quellen Brunnen
Der Versickerungsprozess
Grundwasser und Mensch
Grundwasser und Quellen
Diskussion zur Permeabilität
---- [2]
Weg des Wassers
Quellaustritte- und Suche
--- [3]
Artesische Brunnen
Arten der Artesischen Brunnen
Herkunft der Grundwässer
--- [4]
Beispiel Oase Dakhel
Temperatur der Wässer
Inhaltsstoffe der Wässer
Analysen

Foto/Scan - Digital Bearbeitet: (W.Griem, 2007, 2019); von: M.Neumayr / V.Uhlig  (1897)  "Artesischer Brunnen zu Sidi Amran in Algerien. (nach D. Büchner)."; Seite 424 Original Größe der Abbildung: 11 cm x 9 cm.
Titel: Artesischer Brunnen zu Sidi Amran in Algerien. (nach D. Büchner).

 

Neumayr, M. Uhlig, V. (1897): Erd­ge­schichte. - Band 1: 692 Seiten, 378 Abbil­dun­gen; Band 2: 700 Seiten, 495 Abbil­dungen, Verlag Biblio­graphi­sches Insti­tut, Leip­zig und Wien.
[Samm­lung W. Griem]

 

Die Abbildungen wurden mit einem HP Scanjet G3110 mit 600dpi eingescannt, danach mit Corel Draw - Photo Paint (v. 19) digital bearbeitet. Speziell Filter der Grau­stufen­verbesserung, Elimination von Flecken sowie Ver­besserung der Schärfe wurden bei der Bild­bearbeitung angewandt (W. Griem 2020).

Die Texte wurden mit einer Pentax Kr-3 II digi­talisiert und später mit ABBYY (v.14) ver­arbeitet und zur OCR vor­bereitet. Fraktur­schriften wurden mit ABBYY Fine Reader Online in ASCII umge­wandelt; "normale" Schrift­arten mit ABBYY Fine Reader Version 14.
Die Texte wurden den heutigen Recht­schreib­regeln teil­weise ange­passt, es wurden erläuternde und orien­tierende Zeilen ein­gefügt (W.Griem, 2020).

Neumayr & Uhlig (1897): Artesischer Brunnen, Algerien

Eine realistische Zeichnung eines artesischen Brunnens.

Original Text von Neumayr & Uhlig;
p.452  OCR-Version; p.425  Fraktur-Version
Grundwasser [4]

[vorheriger Text]

Beispiel Oase Dakhel:
Über die Oase Dakhel schreibt Zittel: „In der Umgebung von Kasr Dakhel sprudeln allein 30—40 mächtige Thermen hervor, und ihre Zahl kann fast beliebig vermehrt werden. Die älteren Quellen kommen entweder freiwillig aus Spalten eines dichten Kreidemergels hervor, oder sie wurden schon in einer Zeit gegraben, welche der Tradition der Oasenbewohner entrückt ist; die netteren Brunnen werden in der Weise hergestellt, daß mit unsäglicher Mühe lediglich durch Handarbeit ein Schacht abgeteuft wird. Hat derselbe die Kreidemergel durchsenkt, so werden aus Akazienholz gezimmerte Kasten von etwa 2 Fuß im Geviert aufeinander gesetzt, durch Zapfen vernietet, und dann wird die letzte weiße Sandsteinbank durchgestoßen. Diese Operation ist nicht ohne Gefahr, denn das Wasser strömt mit solcher Gewalt hervor, daß die Arbeiter Mühe haben, zu entrinnen; es füllt den Brunnen rasch bis zum Rande, fließt von da in zahlreiche Gräben und verwandelt wie durch Zauber die öde Wüste in frische, grünende Gärten. Man sollte denken, daß jeder neue Brunnen die zunächst gelegenen in ihrem Wasserreichtum beeinträchtigen müßte, allein bis jetzt hat sich eine derartige Erscheinung noch nirgends gezeigt. Der unterirdische Behälter scheint geradezu unerschöpflich zu sein. Wir hatten Gelegenheit, die segensreiche Wirkung eines vor sechs Monaten angelegten Brunnens zu beobachten. Man führte uns durch eine öde, mit handhohem Flugsand bedeckte Ebene nach einem niedrigen Hügel, wo das Wasser aus der Quelle in ein vielfach verzweigtes System von Gräben und Kanälchen über ein sanft geneigtes Terrain abfloß. Bis zu der Stelle, wo die äußersten dünnen Wasserfädchen des Kanalnetzes im Sande verrieselten, war die Wüste in ein prachtvolles, grünendes Weizenfeld umgewandelt; dazwischen keimten bereits Datteln- und Akazienschößlinge, so daß in wenigen Jahren ein stattlicher Palmenhain den der Kultur gewonnenen Boden beschatten wird.

„Fast mit Sicherheit läßt sich den Oasen eine bessere Zukunft Voraussagen, wenn erst die Erkenntnis festen Fuß gefaßt haben wird, daß die Zahl der Quellen beinahe unbeschränkt vermehrt werden kann; wenn zweckmäßigere und weniger zeitraubende Methoden zur Bohrung artesischer Brunnen in Anwendung gebracht sein werden, dann kann der kultivierbare Boden der Oase Dakhel, die jetzt von etwa 17.000 Menschen bewohnt wird, leicht die zehnfache Anzahl besser und reichlicher ernähren als jetzt. Der Beweis hierfür braucht nicht erst geliefert zu werden; die zahlreichen Ruinen altägyptischer Dörfer in den Oasen Chargeh und Dakhel, die stattlichen, aus mächtigen Sandsteinquadern erbauten Tempel mit schön erhaltenen Hieroglyphen inmitten öder Wüstenstriche, die verschütteten Brunnen, deren Lage vielleicht noch hier und dort durch eine verkümmerte Baumgruppe bezeichnet ist, die zahllosen vermoderten Baumstümpfe zwischen versandeten Feldern, deren Einteilung sich noch erkennen läßt, sprechen deutlicher als alle schriftlichen Urkunden für die einstige Blüte der Oasen unter den altägyptischen Königen, die nicht durch Veränderungen der physikalischen Verhältnisse, sondern durch die Verwüstungen der Menschen zu Grunde ging."

Temperatur der Wässer:
Die Temperatur der Quellen wird wesentlich durch die Tiefenstufe bedingt, aus der sie kommen. Diejenigen unter ihnen, die ganz oberflächlich, unmittelbar unter der Humusdecke verlaufen, die sogenannten Rasenquellen, machen die täglichen Schwankungen der Lufttemperatur mit, sie gefrieren im Winter, versiegen im Sommer; auch die auf etwas größerer Tiefe stammenden „Bodenquellen", die ihr Wasser dem obersten Grundwasserniveau entnehmen, machen wenigstens die Schwankungen der Jahreszeiten mit, und erst die aus noch größerer Tiefe kommenden „Gesteinsquellen" bewahren eine gleichbleibende und von dem Wechsel der Lufttemperatur nicht oder nur unmerklich beeinflußte Wärme.

Die Wasseradern jedoch, die auf größerer Tiefe aufsteigen oder künstlich erbohrt werden, liefern warme Quellen oder Thermen. Als solche bezeichnet man die Quellen, deren Temperatur das Jahresmittel für den betreffenden Ort auch nur um einen Grad übersteigt. Man darf sich also durchaus nicht vorstellen, daß eine Therme heißes Wasser haben müsse; im Gegenteil muß als solche in einer polaren Gegend, deren Klima im Durchschnitt unter dem Gefrierpunkt liegt, schon eine eisigkalte Quelle bezeichnet werden, die nur einen Grad über Null hat. Solche Vorkommnisse sind in der Natur sehr häufig; weit seltener sind die, bei denen die Temperatur erheblich höher steigt und das Wasser dem Gefühl als entschieden warn: oder wirklich heiß erscheint. Gerade diese sind jedoch für den Geologen wegen der besonderen Umstände, unter denen sie auf- treten, von allergrößtem Interesse.

Quellen, die aus solcher Tiefe aufsteigen, daß sie eine sehr hohe Temperatur mitbringen, deren Herd also bei aller Unsicherheit der Anhaltspunkte einige Tausend Fuß unter Tage liegt, treten in der großen Mehrzahl der Fälle in Spalten auf; sie halten sich an Gebiete tektonischer Störungen und spielen daher sehr häufig eine ähnliche Rolle als Zeugen noch fortdauernder Bewegungen im Inneren wie die Erdbeben und Vulkane. Wir haben gesehen, daß die Verwerfung, die den Wiener Kesselbruch gegen Westen begrenzt, von einer ganzen Reihe von warmen Quellen bei Baden, Vöslau und anderen Orten begleitet ist: es ist die „Wiener Thermenlinie". In ähnlicher Weise stehen die berühmten heißen Quellen im nördlichen Böhmen mit dem südlichen Abbruch des Erzgebirges in Verbindring, und ähnlicher Beispiele kann eine ganze Reihe angeführt werden. Namentlich sind Vulkangebiete, tätige wie erloschene, so reich an heißen Quellen, daß es gar nicht möglich ist, alle einzelnen Fälle anzuführen. Die allbekannten und in staunenswerter Großartigkeit entwickelten Vorkommnisse auf Island, im Yellowstone-Park in Nordamerika und auf Neuseeland sind besonders auffallende Beispiele, zu denen sich noch Hunderte von anderen gesellen ließen. Es ist überhaupt nicht möglich, zwischen dem Ausbruch eines Vulkans und den Erscheinungen einer heißen Quelle eine Grenze zu ziehen. Der Wasserdampf ist ein Hauptagens bei den Paroxysinen eines Feuerberges, seine Explosionen bewirken hier gerade die augenfälligsten Erscheinungen; Ausströmungen von Wasserdampf und heißem Wasser begleiten die Ausbrüche, und wenn der Vulkan in Ruhe zurücksinkt, treten diese beiden nur noch allein auf, ohne feste Produkte. Lange Zeit noch, wohl Hunderttausende von Jahren hindurch, bleiben die beiden als Reste der eruptiven Tätigkeit zurück. So wie die Vulkane nicht immer an die Hauptbruchlinien, sondern ebenso oft an kleine Querspalten gebunden sind, so können auch heiße Quellen an Querlinien auftreten, wie dies z. B. bei den schon genannten böhmischen Thermen der Fall ist.

Inhaltsstoffe der Wässer:
Außer dem warmen Wasser finden sich auch sehr häufig Gasausströmungen, namentlich von Kohlensäure, als Überreste der vulkanischen Erscheinungen vor [*1].
Oft benutzen sie dieselben Spalten wie das heiße Wasser, um an die Oberfläche zu gelangen, dann mischen sich beide und treten als heiße Kohlensäuerlinge zu Tage; nicht selten aber schlägt das Gas einen selbständigen Weg nach oben ein, trifft jedoch auf diesem in höheren Regionen auf eine kalte Quelle und strömt mit dieser zusammen aus. Diese Tatsache erklärt uns auch, wie es kommt, daß in einer und derselben Region nebeneinander beide Arten von Säuerlingen, heiße und kalte, Vorkommen; ein solcher Fall liegt z. B. in den böhmischen Bädern vor, wo Teplitz, Karlsbad und Franzensbad den ersten, Marienbad und eine Menge anderer den zweiteil Typus darstellen.

Nachstehend seien die Analysen einiger wichtiger Quellen angeführt: 1) Karlsbader Sprudel; 2) Therme von Gastein; 3) Quelle von Pfäfers; 4) Wiesbaden, Kochbrunnen; 5) Ems, Kessel-Brunnen; 6) Pyrmont, Brodelbrunnen. Von diesen gehören Karlsbad und Ems in die Gruppe der alkalischen Quellen, die durch einen hohen Gehalt von kohlensaurein Kalk und Natron ausgezeichnet sind, Wiesbaden vertritt die an Kochsalz reichen Salzquellen, und Pyrmont bildet den Typus der Eisen- oder Stahlquellen.

Tabelle: Wasseranalyse von 1897

In dem Gehalt an Kohlensäure und der wenigstens bei vielen vorhandenen hohen Temperatur liegt auch der Grund, warum die meisten dieser Quellen „Mineralquellen" sind, d. h. warum sie eine größere Menge von Mineralbestandteilen gelöst enthalten als andere Quellen, in einem Maße, daß sich diese Beimischung dem Geschmackssinn in der Regel sehr deutlich zu erkennen gibt. Während reines Wasser von niederer Temperatur die meisten Gesteine nur wenig angreift, ist das in höheren: Grade der Fall, wenn das Wasser warm ist oder Kohlensäure führt oder beide Eigenschaften vereinigt. Infolgedessen lösen diese Säuerlinge je nach der Natur des Gesteines, durch das sie laufen, größere oder geringere Mengen von Mineralteilen auf und bringen sie mit an die Oberfläche. Sehr widerstandskräftigen Gesteinen allerdings können auch sie nicht viele Bestandteils entziehen, wie das z. B. bei den heißen, kohlensäurereichen Quellen von Teplitz der Fall ist; sie entströmen einem Quellspalt in sehr wenig zersetzbarem Quarzporphyr und enthalten infolgedessen nur sehr wenig feste Bestandteile, sie bilden eine sogenannte „indifferente Quelle". Ähnlich verhalten sich die Quellen von Gastein, Pfäfers etc. (s. die obenstehende Tabelle).

Ende - p. 455 OCR-Version; p. 427 Fraktur-Version

[*1]: Hieraus darf aber nicht gefolgert werden, daß alle Kohlensäureausströmungen vulkanischer Natur seien.

 

Literatur:

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Publiziert: 4.8.2019 / Aktualisiert: 4.8.2019, 5.9.2020
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