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Geschichte der Geowissenschaften: Allgemeine Geologie

Roßmäßler(1863): Gletschertisch

Historische Arbeiten

W. Griem, 2020

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Foto/Scan - Digital Bearbeitet: (W.Griem, 2007, 2019); De: E. A Roßmäßler - "Gletschertisch."; Abbildung 16, Seite 71. Originalgröße der Abbildung: 14 cm X 8 cm.

Roß­mäßler, E.A. (1863): Die Ge­schich­te der Erde. - 408, 87 Abbil­dungen; Ver­lag Leuckart, Breslau.
[Samm­lung W. Griem]

Die Abbildungen wurden mit einem HP Scanjet G3110 mit 600dpi eingescannt, danach mit Corel Draw - Photo Paint (v. 19) digital bearbeitet. Speziell Filter der Grau­stufen­verbesserung, Elimination von Flecken sowie Ver­besserung der Schärfe wurden bei der Bild­bear­bei­tung angewandt (W. Griem 2020).

Die Texte wurden mit einer Pentax Kr-3 II digi­talisiert und später mit ABBYY (v.14) ver­arbeitet und zur OCR vor­bereitet. Fraktur­schriften wurden mit ABBYY Fine Reader Online in ASCII umge­wandelt; "normale" Schrift­arten mit ABBYY Fine Reader Version 14.
Die Texte wurden den heutigen Recht­schreib­regeln teil­weise ange­passt, es wurden erläuternde und orien­tierende Zeilen ein­gefügt (W.Griem, 2020).

Roßmäßler(1863): Gletschertisch

Roßmäßler (1863)  veröffentlich eine "beliebte" Darstellung in der Geologie: Der Gletschertisch.

Originaltext von Roßmäßler: Gletschertisch und Gletscherfracht
p. 69


[vorheriger Text von Roßmäßler]
Auch die Rollsteine, welche der Gletscher an seinem unteren Ende immer ausstößt, unterscheiden sich stets durch diese Streifung von den glatten Rollsteinen, welche das Wasser abgerundet hat.

Das Schmelzen des Gletschereises, was natürlich je nach der Luft- Temperatur schwankend und an der unteren Hälfte des Gletschers beträchtlicher als an der oberen ist, hat immer einen Gletscherbach zur Folge, der am Fuße des Gletschers aus einem gewölbten Gletschertore oder aus einer niedrigen Bodenkluft abstießt. Das Wasser des Gletscherbachs ist immer trüb und unrein, da es natürlich eine Menge feinen Schlamm und Sand mit sich führt, durch die Reibung des Gletschers hervorgebracht.

Diese anscheinend so geringe Beimengung außerordentlich feinen Sandes zu dem Wasser des Gletscherbaches ist gleichwohl eine mächtige Größe auf dem Gebiete der Bodenumgestaltung in der Gegenwart. Die Aare, welche aus den Aargletschern entspringt, trägt allein aus dem Unteraargletscher bei starker Abschmelzung, d. h. bei warmem Wetter, täglich 5200 Zentner Sand hinunter in das Haslital und trägt dort zu neuen Bodenbildungen bei. Es würden zum Transport dieses Gletschersandes, die Last zu 25 Zentner gerechnet, 200 Pferde nötig sein.

Die Bewegung des Gletschers darf nicht verwechselt werden. mit der Veränderung des Gletscherendes, von der Wissenschaft Absturz genannt, welche letztere durch das Abschmelzen bewirkt wird. Dadurch könnte man natürlich eher auf eine zurückweichende als eine vorschreitende Bewegung des Gletschers schließen. Das stärkste Abschmelzen findet nicht, wie man meinen sollte, in der heißesten Jahreszeit, sondern im Frühjahre zur Zeit des Schneeschmelzens statt, woraus hervorgeht, daß die Abschmelzung weniger durch die Luftwärme als durch das Schneewasser bewirkt wird. Ebenso schmilzt bekanntlich auch ein kurzer Frühjahrsregen den Schnee schneller als ein vielmal länger dauernder warmer Sonnenschein.

Aus der Fläche, welche durch das am Gletscherende weggeschmolzene Stück entblößt worden ist und welche der Gletscherboden genannt wird, bleiben immer zahllose Blöcke zurück, welche der Gletscher allmählich unter seiner Wucht bis hier herab gewälzt hat, und welche deshalb stets eine gestreifte Oberfläche haben.

Aber von weit größerer geologischer Bedeutung als diese von der Grundfläche des Gletschers talabwärts geschobenen Steinblöcke sind diejenigen, welche er auf seiner Oberfläche ruhig herabträgt. Ehe wir einige in deren Verteilung stattfindende streng gesetzmäßige Verschiedenheiten besprechen, müssen wir die auf der Oberfläche des Gletschereises vergehenden Erscheinungen betrachten.

Während der wärmeren Jahreszeit zeigt sich an solchen Stellen, wohin durch Stürme fremde Körperchen, als Sandkörner, Steinchen, Blätter und Zweigstückchen geweht werden können, das Eis sehr rau und mit zahllosen kleinen senkrechten Vertiefungen versehen. Auf dem Grunde jeder derselben liegt immer ein solches Körperchen. Da dieselben immer eine dunklere Farbe als das Eis haben, folglich sich stärker erwärmen, so tauen sie unter sich das Eis auf und senken sich m ihm ein. Dadurch müssen notwendig die zahllosen Grübchen im Gletschereise entstehen. Große, namentlich platte Blöcke, die nicht von der Sonnenwürme durchdrungen werden können, wirken demnach umgekehrt; d. h. rings um sie herum taut die Gletscherfläche ab, erniedrigt sich, während sich, was dasselbe ist, der Stein auf einem Eispfeiler, den die Beschaltung des Steines vor dem Abtauen schützt, nach und nach bis zu 3, 4 und 6 Fuß erhebt. Das sind die sogenannten Gletschertische. (Fig. 16). Sie bleiben aber nicht lange stehen, denn nach und nach wird der Pfeiler auf der Mittagsseite doch von der Sonnenwärme abgeschmolzen, wodurch der Stein allmählich eine schiefe Lage bekommt, bis er in südlicher Richtung von seinem Pfeiler herabfällt. Man sieht daher meist hinter solchen Steinen eine Zeit lang den noch nicht ganz wieder beseitigten Pfeiler stehen. Ist der Platz, wohin der Stein fiel, dem vorigen gleich, so muß er sofort wieder dieselbe Veranlassung geben, einen Gletschertisch aus sich machen zu lassen; und so wandern unter günstigen Umständen solche Blöcke unter fortwährendem „Tischrücken" talabwärts.

Keine Region der Berghöhen erleidet eine so starke Verwitterung und Zerklüftung des Gesteins, als der etwa 3000 Fuß breite Gürtel, innerhalb welches teils die Grenze des ewigen Schnees schwankt, teils wenigstens viel Schnee fällt. Es ist daher kein Wunder, daß von den Felsenwänden der Gletscherbahn eine Menge Felsblöcke und kleinere Trümmer auf die Oberfläche des Gletschers Herabstürzen.

Immer zeigt sich im großen Ganzen der Verteilung dieser Trümmer eine gewisse Regelmäßigkeit. Sie sind als Längsreihen an den beiden Seiten, die Oberfläche entlang und unter dem Gletscherende aufgehäuft. Man nennt diese Trümmerreihen Moränen- und nach der eben angeführten Verteilung unterscheidet man Seitenmoränen, Mittelmoränen und Endmoränen; die ersteren werden auch Gandecken und die Mittelmoränen auch Gufferlinien genannt.

Die Seitenmoränen sind die wallartigen Ansammlungen aller Steine und Blöcke, welche teils von den beiderseitigen Anhöhen des Gletschertales, teils aus der Firnregion auf den Gletscher gelangen und von diesem Tal- abwärts getragen werden. Der Rand des Gletschers, der die Moränen trägt, wird durch diese selbst vor dem Wegtauen wesentlich geschützt, zieht sich aber doch oft durch Abtauen zeitweilig unter der Moräne weg, wodurch diese an das felsige Gletscherufer angelehnt wird; greift dagegen nachher auch wieder unter dieselbe, nimmt sie gewissermaßen wieder auf seine Schulter und schiebt sie wieder weiter. Dabei bleiben aber die vom Rande des Gletschers etwas weiter nach innen zu liegenden Blöcke nicht in dieser Stellung, sondern werden allmählich nach dem Rande herausgetragen, da jeder Gletscher erster Ordnung auch eine Seitenbewegung hat. Die Mächtigkeit der Seitenmoränen hängt teils von der Größe des Gletschers, teils von der Beschaffenheit der Felsen ab, welche dessen Bahn einschließen, je nachdem diese letzteren mehr oder weniger steil und zum Zerfallen geneigt sind. Es kommen Seitenmoränen von 100 und mehr Fuß Höhe vor. Am Ende des Gletschers wird der hinabgeführte Moränenschutt von Jahrhundert zu Jahrhundert aufgetürmt.

Durch die Ansammlung aller vom Gletscher herabgetragenen Steine und Blöcke werden die End- oder Frontmoränen gebildet, welche als talabwärts gekrümmte Wälle am Ende des Gletschers nicht selten bis 200 und 300 Fuß hoch aufgehäuft werden. In der Mitte hat die Endmoräne immer eine Öffnung für den Abfluß des Gletscherbaches. Die Fläche, welche bei dem stärksten Abschmelzen des Gletscherendes bis zur Endmoräne frei wird, heißt der Gletscherboden. Sie ist gewöhnlich mit kleinen und großen Trümmern bedeckt.
[weiter im Text von Roßmäßler]

 

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Publiziert: 24.11.2019 / Aktualisiert: 24.11.2019, 6.9.2020
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