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Geschichte der Geowissenschaften: Allgemeine Geologie

Neumayr & Uhlig (1897): Küstenerosion mit Abbruchkanten

Historische Arbeiten

W. Griem, 2020

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Foto/Scan - Digital Bearbeitet: (W.Griem, 2007, 2019); von: M.Neumayr / V.Uhlig  (1897)  "Strandpartie von Asund auf Gotland - Nach Rathorst."; Seite  533 Original Größe der Abbildung: 13 cm x 8 cm.
Titel: Strandpartie von Asund auf Gotland - Nach Rathorst.

Neumayr, M. Uhlig, V. (1897): Erd­ge­schichte. - Band 1: 692 Seiten, 378 Abbil­dun­gen; Band 2: 700 Seiten, 495 Abbil­dungen, Verlag Biblio­graphi­sches Insti­tut, Leip­zig und Wien.
[Samm­lung W. Griem]

Die Abbildungen wurden mit einem HP Scanjet G3110 mit 600dpi eingescannt, danach mit Corel Draw - Photo Paint (v. 19) digital bearbeitet. Speziell Filter der Grau­stufen­verbesserung, Elimination von Flecken sowie Ver­besserung der Schärfe wurden bei der Bild­bearbeitung angewandt (W. Griem 2020).

Die Texte wurden mit einer Pentax Kr-3 II digi­talisiert und später mit ABBYY (v.14) ver­arbeitet und zur OCR vor­bereitet. Fraktur­schriften wurden mit ABBYY Fine Reader Online in ASCII umge­wandelt; "normale" Schrift­arten mit ABBYY Fine Reader Version 14.
Die Texte wurden den heutigen Recht­schreib­regeln teil­weise ange­passt, es wurden erläuternde und orien­tierende Zeilen ein­gefügt (W.Griem, 2020).

Neumayr & Uhlig (1897): Küstenerosion mit Abbruchkanten

Eine realistische Zeichnung einer Art der Küstenerosion in Gotland, hier jedoch ohne Unterspülungs-Erscheinungen, aber mit einer Abbruchkante.

Zusammenfassung:
a) Es gibt bereits die Direkte Ablesemethode
b) Das System Horae wird schon etwas durch Gradeinteilung verdrängt.
c) 360 Grad Azimutal ist die neueste Errungenschaft.

Original Text von Neumayr & Uhlig, 1897
Küstenerosion (II)

p.532 in der Original Version; p. 555 in der digitalen OCR Fassung

[vorheriger Text]
Liegen die Schichten horizontal und befindet sich in der Strandhöhe eine wenig widerstandsfähige Schichtgruppe, die von einer härteren überdeckt ist, dann sind die Bedingungen für die Bildung der Brandungshohlkehle besonders günstig: es entstehen überhängende Ufergesimse, die nach einiger Zeit einstürzen müssen (s. Abbildung 264). Die Wirkung ist anfangs sehr groß; besonders wenn auch günstige Klüftung das Abbrechen unterstützt (s. Abbildung 265); dann aber macht sich die Neigung zur Bildung einzelner, den härteren Schichten entsprechender Staffeln geltend, und diese schwächen die Kraft der landwärts brandenden Woge und verzögern somit den Zerstörungsprozeß.

Dadurch, daß die Wogen immer weiter landeinwärts nagen und die höher gelegenen Teile entfernen, die unterhalb gelegenen Partien, die ständig vom Wasser bedeckt sind, verschonen und auch diejenigen nur wenig angreifen, welche nur bei tiefer Ebbe frei gelegt werden, bildet sich am Fuße der Klippen eine fast horizontale, nur wenig landeinwärts ansteigende Plattform. Durch das Auftreten dieser Fläche wird eine Veränderung und Verzögerung in dem Gange des Zerstörungsprozesses herbeigeführt. Wenn unterwaschene und ihrer Stützen beraubte Massen von oben Herabbrechen, so stürzen sie nicht mehr in tiefes Meer, sondern bleiben auf der Plattform aufgehäuft liegen und bilden eine Schutzwehr für die dahinterliegende Klippe (s. Abbildung 266); die Brandung verbraucht nun ihre Kraft, indem sie die Blöcke und Trümmer heranwälzt, abrollt, zerkleinert und zu feinem Sand zerreibt, und erst, wenn die heruntergestürzten Massen der Hauptsache nach weggeräumt sind, kann die Zerstörung der dahinterliegenden Steilwand wieder beginnen. Man hat dieses Verhalten sogar praktisch benutzt, um dem Fortschritt des Meeres ein Hindernis entgegenzusetzen: an der Shakespeare-Klippe bei Dover z. B. hat man mit riesigen Pulvermengen den oberen Teil der Klippe weggesprengt und ins Meer hinuntergestürzt, wo nun diese gewaltigen Massen von Felsblöcken auf Jahrhunderte hinaus dem weiteren Fortschreiten der Überflutung ein Hemmnis entgegensetzen

Abgesehen von solchen periodischen Unterbrechungen wird die Erosion aber auch allein durch das Vorhandensein der Küstenplattform in ihrer Macht gemindert, da die Wellen die geneigte Fläche hinauflaufen müssen und dabei an Kraft verlieren, ehe sie den Steilrand erreichen; und mit der fortwährenden Ausdehnung der Plattform wird endlich ein Punkt erreicht, wo jede weitere Zerstörung aufhört. Es geht daraus hervor, daß bei vollständig gleichbleibendem Niveau des Meeresspiegels ein Stand eintreten würde, wo an allen Steilrändern die Erosion aufhören müßte, daß also nur ein verhältnismäßig schmaler Strich an allen Küsten zerstört werden könnte, wenn nicht durch Veränderungen im gegenseitigen Stande von Land und Meer neue Angriffspunkte geschaffen würden.

Die Küste von Sorrento - Neumayr & Uhlig, 1897

Abb. 266: Die Küste von Sorrento

Bei einer solchen Verschiebung wird die Zerstörung der Ufer eigentümlich modifiziert; steigt eine Küste langsam und allmählich aus dem sinkenden Meeresspiegel hervor, so kann während der Dauer dieser Bewegung keine bleibende Brandungsterrasse entstehen. Es kann sich zeitweilig eine solche bilden, aber in dem Maße, als die Bewegung fortdauert, wird sie auch immer wieder zerstört. Wenn die Verschiebung gleichartig fortgeht, die Verhältnisse der Brandung sich nicht ändern und das Gestein dasselbe bleibt, so wird mit dem Aufsteigen der Küste ihr Rand gleichmäßig abgehobelt; nur in Ruhepausen findet eine stärkere Plattformbildung statt, und wenn dann die Bewegung wieder beginnt, ist diese als sogenannte gehobene Strandlinie über den: Meeresniveau zu sehen, wie wir deren Auftreten früher (S. 406) kennen gelernt haben.

Wichtiger und tiefgreifender sind die Veränderungen, die die Brandung hervorbringt, wenn sich das Land senkt und der Meeresspiegel ansteigt. Dann wird das Hindernis, das die Bildung einer breiten Küstenplattform dem Vordringen der Zerstörung ins Innere des Landes entgegensetzt, durch die fortwährende Senkung hinweggeräumt, und die Brandung kann daher ungehemmt vorrücken. Findet die Untertauchung des Landes langsam genug statt, so kann das Meer bei seinem Vordringen alle Unebenheiten, selbst namhafte Gebirge, vollständig abhobeln, und es wird an deren Stelle eine langsam ansteigende Fläche gebildet. Auf dieser Fläche bleibt aber ein großer Teil des durch die Zerstörung der Gesteine entstehenden Materials liegen, und es bilden sich übergreifend gelagerte, vollständig oder nahezu horizontale Schichten. Eine Zeitlang war man, namentlich in England, geneigt, fast jeden im Innland auftretenden Erosionssteilrand und die Bildung der ihm vorliegenden Fläche der Abtragung durch Meeresbrandung zuzuschreiben. Später wurde diese Ansicht verlassen, bis in neuerer Zeit F. von Richthofen bei seinen Untersuchungen über China auf Verhältnisse traf, die keine andere Erklärung zulassen, und daher wieder auf die Bedeutung dieses Vorganges hinwies, den er als Abrasion bezeichnete. Seine Auffassung, die für die Deutung sehr wichtiger und verbreiteter Erscheinungen von maßgebender Bedeutung ist, wird wohl am besten durch seine eigenen Worte klar gemacht:

„Unter den gestaltenden Faktoren, welche in der geologischen Geschichte des nördlichen China eine bedeutsame Rolle spielen, zeichnet sich in besonderer Weise das periodische Auftreten transgredierender Lagerung aus. In der Mehrzahl der Fälle sind die Schichten der übergreifenden Formation nicht, wie man es bei der Ausbreitung des Meeres über Festland erwarten sollte, einem gebirgigen, aus Höhenzügen und Erosionstälern bestehenden Boden aufgelagert, sondern sie ruhen weit und gleichförmig auf einer gewissermaßen für den Niederschlag besonders vorgebildeten Fläche, die größtenteils ausgeebnet ist, stellenweise wellige Formen hat und zuweilen in Terrassen abgesetzt ist. Auch ragen aus ihr mehr oder minder einzelne feste und hohe Gebirgskerne auf, welche dann von den horizontalen Schichten ganz oder teilweise bedeckt werden. Die Auflagerungsfläche durchschneidet die den transgredierenden Gebilden im Alter vorhergehenden Formationen unabhängig von ihrer Lagerung. Sind die Schichtgesteine derselben hoch aufgerichtet und zusammengefaltet, so sind diese Falten entlang der Fläche wie abgehobelt, indem alle Teile, welche einst über diese aufragten, verschwunden sind. Der Betrag der Denudation ist oft außerordentlich groß. Einzelne noch erhaltene Mulden sind manchmal die einzigen Überreste von Sedimentformationen, welche viele Tausend Fuß Mächtigkeit hatten und in einer Reihe von Gewölben zusammengefaltet waren. Es sind dann nicht nur die aus diesen Formationen bestehenden Gewölbe hinweggeschliffen, sondern auch solche Teile noch älterer Gesteine, welche zwischen ihnen aufragten, in gleicher Weise entfernt worden.

„Es ist in solchen Fällen klar, daß die betreffenden Sedimentformationen nach der Zeit ihrer Ablagerung zu Gebirgen ausgestaut waren, und daß diese Festland bildeten; denn am Meeresgründe konnte dies nicht geschehen. Es ging also jeder Periode der Transgression eine ungeheure Abschleifung des zur Zeit bestehenden Festlandes voran und zwar in Gestalt einer Fläche, welche die Tendenz hat, sich der welligen Ebene möglichst zu nähern, wiewohl dies in mehr oder weniger unvollkommener Weise erreicht wird."

Diese Erklärung ist ohne Zweifel richtig; es kann nicht bestritten werden, daß die fortschreitende Küstenbrandung einen derartigen Erfolg erzielen kann und ihn auch in vielen Fällen erzielt hat. Nichtsdestoweniger wird man sich vor der Verallgemeinerung hüten müssen, daß alle „abgehobelten" Landstrecken, die die geschilderte Form zeigen, diese durch Transgression eines brandenden Meeres erlangt haben. Es wurde schon erwähnt, daß bei einer Abrasion durch vordringendes Meer das Zerreibsel auf der Abrasionsfläche liegen bleibt und übergreifende Schichten erzeugt; in allen den Fällen, in denen wir solche marine Bildungen wirklich aufgelagert finden, ist die Abtragung durch das brandende Meer bewirkt worden (s. Abbildung 198). Anders verhält es sich, wenn die transgredierenden Schichten fehlen; oft mögen sie wohl durch Denudation nachträglich entfernt worden sein, es ist aber kaum anzunehmen, daß dies in allen Fällen geschehen ist. Auf eine vollständige Unmöglichkeit treffen wir aber, wenn wir die Verhältnisse Böhmens ins Auge fassen: auch hier liegen horizontale Schichten übergreifend auf den Schichtköpfen der archäischen, silurischen und devonischen Formation, aber sie bestehen nicht aus einer Meeresablagerung, sondern bilden nach ihren Versteinerungen aus einem Binnensee abgesetztes, flözführendes Kohlengebirge.

Wir kommen dadurch zu dem Resultat, daß Abrasionsflächen unter Umständen ohne Mitwirkung der Meeresbrandung entstehen können, und wir werden diese Erklärung als die wahrscheinlichere bezeichnen, wenn über der Fläche keine Meeresablagerungen in übergreifender Lagerung auftreten. Die Frage ist nun, auf welche Weise eine solche Bildung ohne die Hilfe der Meereswellen entstehen kann. Schon früher wurde erwähnt, daß alle Gebirge der Erde im Verlauf der Zeit durch die fließenden Wasser zerstört werden müßten, wenn kein Ersatz durch neue Aufrichtung geboten wäre; es ist ferner eine durch zahllose Beobachtungen nachgewiesene Tatsache, daß in vielen Gegenden, die früher energische Gebirgsbildung erkennen ließen, dieser Vorgang aufgehört hat: die betreffenden Gebirge werden allmählich vollständig zerstört, und nach den Gesetzen des Gefälles der Flüsse müßte das ganze Land eine gegen das Meer sanft abfallende Gestalt zeigen, ebenso gut, wie das bei einer marinen Abrasionsfläche der Fall ist. Auch die vollkommene Unabhängigkeit der Oberflächenverhältnisse von der Lagerung muß sich bei einem „erloschenen Gebirge" einstellen, und es macht dabei keinen Unterschied, ob die Abtragung durch das Meer oder durch fließendes Wasser erfolgt ist.


Ende [p.536] / Ende [558-OCR-Version]

 

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Publiziert: 17.11.2019 / Aktualisiert: 17.11.2019, 02.2020, 5.9.2020
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