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Geschichte der Geowissenschaften

Roßmäßler(1863): Erdbeben, Erdbebenmesser

Historische Arbeiten

W. Griem, 2020

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Foto/Scan - Digital Bearbeitet: (W.Griem, 2007, 2019); De: E. A Roßmäßler - "Seis­mometer, Erdbeben­messer"; Abbildung 36, Seite 153. Original­größe der Abbildung: 6 cm X 4 cm.

Roßmäßler, E.A. (1863): Die Ge­schichte der Erde. - 408, 87 Abbil­dungen; Verlag Leuckart, Breslau.
[Sammlung W. Griem]

Text von Roßmäßler, Erdbeben:
"Man kann die Erdbeben gewissermaßen den krampfhaften Zuckungen eines von tausend Schlingen gefesselten Ungeheuers vergleichen [. . .] während in den Vulkanen der Vulkanismus uns als ein Riese im Kerker erscheint": Ein typisches Beispiel eines "Roßmäßler-Textes"  -

Plutonische Erdbeben: Erdbeben ohne vulkanische Beteiligung.

Vulkanische Beben: Erdbeben mit vulkanischer Aktivität.

 .... die Quelle derselben [Erdbeben] also nur tief im Erdinnern liegen könne ..

Die Abbildungen wurden mit einem HP Scanjet G3110 mit 600dpi eingescannt, danach mit Corel Draw - Photo Paint (v. 19) digital bearbeitet. Speziell Filter der Grau­stufen­verbesserung, Elimination von Flecken sowie Ver­besserung der Schärfe wurden bei der Bild­bearbeitung angewandt (W. Griem 2020).

Die Texte wurden mit einer Pentax Kr-3 II digi­talisiert und später mit ABBYY (v.14) verarbeitet und zur OCR vorbereitet. Fraktur­schriften wurden mit ABBYY Fine Reader Online in ASCII um­gewandelt; "normale" Schrift­arten mit ABBYY Fine Reader Version 14.
Die Texte wurden den heutigen Recht­schreib­regeln teilweise angepasst, es wurden erläuternde und orien­tierende Zeilen eingefügt (W. Griem, 2020).

Vulkan ein Google Earth, kmz:
Ätna
Vesuv
Mount St. Helen


Roßmäßler(1863): Seismometer, Erdbebenmesser

Roßmäßler (1863)  veröffentlicht ein frühes Gerät zur Erdbebenmessung, das gerät von Cacciatore wurde ab 1818 in Palermo zur Messung benutzt . Ein Seismometer oder Erdbebenmesser, eine runde Schale mit 8 Öffnungen und unterliegenden Auffang-Gefäßen. Oben wurde Quecksilber eingeführt und bei kleinen Erschütterungen floss das Quecksilber in die Gefäße. So konnte ungefähr die Stärke aber auch die Richtung der Erdbeben-Stöße ermittelt werden. [Hier der Text über den Erdbebenmesser]

Im Text beschreibt Roßmäßler in seinem unverwechselbarem Stil, der nun nicht unbedingt zum Verständnis des Inhalts beiträgt sehr genau und sehr präzise die damaligen Beobachtungen über Erdbeben. Er gibt eine Vielzahl von Beispielen an, aber auch verschiedene Hypothesen der Erdbebenbildung. Auch zitiert Roßmäßler andere Wissenschaftler, welches zu dieser Zeit nicht immer so üblich war.

Der Text ist recht interessant, da er eigentlich mit den meisten Falsch-Informationen über Erdbeben aufräumt, und fast alle falschen Korrelationen als diese erkennt.

Interessant ist, dass die Periodizität der Erbebenereignisse erwähnt und analysiert wird.

Original Text von Roßmäßler, 1863: Erdbeben
p. 150

Wenn wir bisher in den Vulkanen und den Quellen von Gasen, Wasser und Schlamm die vulkanische Tätigkeit an gewisse Punkte gefesselt sahen, so finden wir sie in den Erdbeben — offenbar einer der Tätigkeit der Vulkane innig verwandten Erscheinung — in weiterer Erstreckung sich ausbreiten. Man kann die Erdbeben gewissermaßen den krampfhaften Zuckungen eines von tausend Schlingen gefesselten Ungeheuers vergleichen, welche die Bande zu sprengen drohen und bald diesen bald jenen Ring auch wirklich aufreißen; während in den Vulkanen der Vulkanismus uns als ein Riese im Kerker erscheint, der in ohnmächtiger Wut den aufgewühlten Boden seines Kerkers aus Löchern in der sicheren Mauer herausschleudert. Beide Bilder vervollständigen sich durch das Gebrüll erboster Wut, welches bei Erdbeben wie bei vulkanischen Eruptionen Alles mit bebendem Ersetzen erfüllt.

Wenngleich Furcht und Schrecken die schlechtesten Beobachter sind, so haben sie doch darin Recht, Erdbeben und vulkanische Ausbrüche für nahe Verwandte zu halten. In der Tat sind beide in vielen Erscheinungen einander so ähnlich, daß man leicht geneigt sein kann, beide in der Hauptsache für eines und dasselbe zu erklären und. ihre Verschiedenheit nur in die Form ihrer Wirksamkeit zu setzen. Nur der Umstand kann diese Auffassung in etwas zurückhalten, daß zuweilen auch in solchen Gegenden umfangreichere Erdbeben vorgekommen sind, wo weit und breit kein tätiger Vulkan zu finden ist. Solche Erdbeben nennt einer unserer ersten Geologen, Professor C. F. Naumann in Leipzig, plutonische, diejenigen aber vulkanische, welche entweder in räumlicher oder sogar in tätiger Verbindung mit Vulkanen stehen. Wir werden nachher sehen, daß wir die in keinem nachweisbaren oder auch nur zu vermutenden Zusammenhang mit einem tätigen Vulkane stehenden Erdbeben, wenigstens zum Teil mit O. Volger [Georg Heinrich Otto Volger, *1822 - +1897; deutscher Naturforscher und Geologe - siehe Autorenliste] in anderer Weise als durch den Vulkanismus deuten können. Allein auch die vulkanischen Erdbeben, d. h. die vor einem stattfindenden Ausbruche eines Vulkanes sich ausbreitenden Erderschütterungen erlangen zuweilen eine so außerordentlich weite Erstreckung von ihrem Ausgangspunkte, dem Vulkane aus, daß dieselben, die vulkanischen Erdbeben, nicht mehr für eine Wirkung des Vulkanausbruches gelten können, sondern beide für gleichzeitige an verschiedenen Orten statt findende Wirkungen derselben Ursache angesehen werden müssen. Demnach können wir es ganz gut mit den Gesetzen des Vulkanismus in Einklang bringen, daß er Erdbeben bewirken kann, mit denen kein vulkanischer Ausbruch verbunden ist. Man hat aber zuweilen eine Gleichzeitigkeit zwischen Plutonischen Erdbeben und Ausbrüchen fern von deren Bereiche liegender Vulkane beobachtet, so daß an einem ursächlichen Zusammenhang zwischen Erdbeben und vulkanischen Eruptionen auch in diesen Fällen geglaubt werden kann.

Unabhängig von den Vulkanen gibt es auch sonst keine Gegend der Erde, kein Klima, keine Bodenbeschaffenheit, welche frei von Erdbeben wären. Dies wird als ein Beweis dafür angesehen, daß die Beschaffenheit der oberen Erdschichten und der in der Atmosphäre liegenden Kräfte ohne Einfluß auf die Entstehung der Erdbeben seien, die Quelle derselben also nur tief im Erdinnern liegen könne.

Wie kein Gebiet der Erde ganz frei von Erdbeben ist, so ist auch sicher kein Tag, wo nicht an irgend einer Stelle die Erde erbebte und wir dürfen daher — wenn auch nur mit ausdrücklicher Verwahrung gegen jedes tiefere Auffassen der Vergleichung — sagen, daß die vulkanische Tätigkeit unter der Erdrinde ebenso pulsiert, wie die Blutwellen in den Adern unseres Körpers.

Die Wirkungsart und Stärke der Erdbeben zeigt sich in hohem Grade verschieden und schwankt zwischen dem leisesten, fast nur dem geübten Sinne wahrnehmbaren unterirdischen Grollen und den heftigsten nur mit Meereswogen vergleichbaren Schwankungen der Erdoberfläche.

Man hat die auf dem Meeresspiegel sich fühlbar machenden Erdbeben mit dem unnötigen besonderen Namen Meeres- oder Wasserbeben belegt, unnötig, weil das Meer ein Teil der Erdoberfläche ist und ein Meeresbeben nicht anders gedacht werden kann, denn als eine im Wasser fortgepflanzte Erbebung der darunter liegenden festen Erdrinde. Die zuweilen mächtige Aufregung des Meeresspiegels, selbst über sehr bedeutenden Tiefen, ist aber ein Beweis von der in den Erdbeben sich äußernden furchtbaren Gewalt den Vulkanismus. Am 7. New. 1837 erhielt ein Wallfischfahrer in der Nähe der Insel Chiloe so bedeutende Stöße durch das erschütterte Meer, daß er seine Masten verlor, und anfänglich glaubte gestrandet zu sein, während doch das Schiff sich über einer bedeutenden Meerestiefe befand.

Die Wirkungen der Erdbeben zeigen sich entweder in senkrechter, auf - und abwärts gerichteter mehr stoßweise erscheinender Bewegung, oder in wellenförmiger oder endlich in kreisender Bewegung.

Die senkrechte oder succussorische Bewegung steht wahrscheinlich der eruptiven Tätigkeit der Vulkane am nächsten und ist vielleicht durch Detonation furchtbar gespannter Gasmengen bedingt, welche eine wirkliche Eruption machen würden, wenn über ihnen die Erdrinde nicht zu dick oder sonst für diese Detonationen zu widerstandskräftig wäre. Bei dem großen Erdbeben Kalabriens im J. 1783 sah man die höheren Teile der Granitberge deutlich auf- und niederspringen; ja bei dem Erdbeben in Chile am 7. Nov. 1837 wurde ein 30 Fuß tief im Erdboden steckender und mit Eisenstangen befestigter Mastbaum herausgestoßen, so daß ein rundes Loch im Boden dessen ehemaligen Stand bezeichnete.

Die wellenförmige oder undulatorische Bewegung der Erdbeben ist die häufigste und mag wohl nach denselben physikalischen Gesetzen stattfinden, wie die Wellenbewegung einer Wasserfläche. Die Höhe der Wellen berge der Bewegung bedingt die Gefährlichkeit solcher Erdbeben, weil wenn diese bedeutend ist, alle senkrechten Gegenstände, z. B. Gebäude, aus dieser Lage in eine geneigte gebracht werden, was ihren Einsturz veranlaßt, abgesehen von der damit notwendig verbundenen Zerreißung des Gemäuers, welches ja nicht biegsam ist, um den Undulationen folgen zu können. Die Erscheinung dieser Wellenbewegung des bebenden Erdbodens hat man an mehreren Orten, namentlich an Waldungen wahrgenommen, welche dabei einem von dem Winde bewegten Getreidefelde glichen. Der Mensch glaubt auf dem schwankenden Verdeck eines sturmbewegten Schiffes zu stehen.

Die verheerendste von allen, aber glücklicherweise auch die seltenste, ist die kreisende oder wirbelnde, rotatorische, Bewegung der Erdbeben. Als Belege für dieselbe führt man die horizontale Umwendung von Gemäuern ohne Einsturz, die Verdrehung vorher geradliniger Baumalleen und Ackerbreiten an.

Oft kommen, wie sich das vermuten läßt, diese drei verschiedenen Bewegungen zugleich und neben einander vor, so daß man dann die Bewegung des Erdbebens eine verworrene oder kreuzende genannt hat, wobei natürlich die geognostische Beschaffenheit der Erdoberfläche einen Einfluss ausübt.

Vereinigen sich die verschiedenen Bewegungen des Erdbebens, so wird jenes furchtbare Chaos hervorgebracht, welches namentlich an Küstenorten alle Vorstellungen übersteigt.

So wild und dämonisch das Walten des Vulkanismus in den Erdbeben ist, so hat ihm dennoch die Wissenschaft die Regeln ihres Verfahrens angepaßt; sie hat Mittel ersonnen, durch welche die Erdbeben selbst in der Sprache der Wissenschaft reden müssen. Wie die Thermometer und Barometer die Wärme und den Druck der Luft messen, so messen die Seismometer, Erdbebenmesser, die Richtung und Stärke der Erdbeben.

Die Abbildung, Fig. 36., stellt den seit 1818 in Palermo angewendeten Seismometer von Cacciatore dar. Auf 8 feststehenden Bechern ruht, ebenfalls fest und unverrückbar, ein Gefäß, welches einer umgekehrten Untertasse mit einem hohen Fußrande gleicht, so daß der Rand eine ganz flache Schale bildet. In diesem Rande befindet sich, genau über jedem Becher ein Loch, alle 8 genau in einer Horizontalebene, und von jedem geht eine Rinne herab nach der Öffnung des untenstehenden Bechers. Dieses Instrument wird an einem vor zufälligen Erschütterungen gesicherten Ort so aufgestellt, daß die 8 Öffnungen den acht Weltgegenden Nord, Nordost, Ost, Südost u. s. w. entsprechen und dann die obere flache Schale q bis nahe an den unteren Rand der 8 Löcher mit Quecksilber gefüllt. Jede Erderschütterurg muß nun das Quecksilber aus einem der Löcher ausfließen machen. Dadurch wird nicht nur die Richtung, sondern, durch die Menge des in einem der 8 Becher ausgeflossenen Quecksilbers, auch die Stärke der Erderschütterung angezeigt.

Obgleich man viel von Vorzeichen der Erdbeben gesprochen hat und noch spricht, so sind doch unbefangene Beobachter zu der Überzeugung gekommen, daß es außer den anfangs oft nur leisen ersten Erzitterungen und unterirdischen Tönen durchaus kein nur einigermaßen sicheres Merkmal eines bevorstehenden Erdbebens gebe und der Natur der Sache nach, auch nicht geben könne. Auch die Schwankungen des Barometers haben eben so oft wieder als für einen Zusammenhang mit der Atmosphäre dieser rein inneren Angelegenheit unseres Planeten gesprochen. Selbst jene leise grollenden Vorboten kündigen das Erdbeben nicht immer an, sondern es tritt dieses zuweilen sogleich in seiner fürchterlichen Größe auf.

Dennoch würde es eine Art Vorzeichen der Erdbeben geben, wenn Volgers Deutung des Visper-Erdbebens 1855 richtig sein sollte. Dieser erklärt das genannte und ein 1755 ebendaselbst stattgehabtes Erdbeben durch ein Nachsinken der oberen Schichten der Erdrinde in Folge der Quellenauswaschung in der Tiefe und macht aufmerksam darauf, das jenen beiden Erdbeben ungewöhnlich große Schmelzwasser- und Regenfluten vorausgegangen waren, welche jene Auswaschung oder richtiger die Aussegung der bereits vorhandenen Klüften befördert haben sollten. In diesem Sinne wären allerdings an solchen Örtlichkeiten, ungewöhnliche Wasserfluten wenigstens ein Grund, die Wiederkehr eines Erdbebens zu vermuten.

Das Getöse oder überhaupt die auf das Ohr wirkenden Erscheinungen der Erbeben zeigen sich sehr mannigfaltig und werden mit andern ähnlichen Tönen verschieden verglichen. Bald gleicht das Getöse einem unterirdischen Trommelwirbeln, bald klingt es wie ein Rasseln von Ketten oder wie das Rollen des Donners oder wie das Erdröhnen des Straßenpflasters unter der Wucht schwer beladener Wagen; bald auch hört man eine Reihe einzelner krachender Schläge oder es klingt, als wenn in Kellergewölben Glas oder Porzellan zertrümmert würde und zuweilen ahmt es das Brausen des Sturmwindes nach.

Alle diese verschiedenen Töne werden oft gleichzeitig über große Strecken hin vernommen, wobei wie auch aus die Art der Töne, die geognostische Beschaffenheit der Erdrinde einen großen Einfluß ausüben muß. Besonders deutlich tönen sie aus tiefen Brunnen herauf, die dabei einfach als die Schallwellen sammelnde Schallrohre wirken.

Ganz lautlose Erdbeben sind sehr selten. Man hat mehrere in Chile beobachtet und auch der mächtige Erdstoß bei Riobamba im Staate Ecuador am 4. Feb. 1797 war von keinem Getöse begleitet.

Wenn wir die Töne fast notwendige Begleiter der Erdbeben nennen müssen, so sind einige andere sie begleitende Erscheinungen mehr zufälliger Natur, z. B. Gewitter und andere elektrische Erscheinungen, heftige Windstöße, Ausströmungen von Gasen und Dämpfen u. s. w. Häufig brechen die Gase brennend aus dem zerrissenen Boden hervor. Dagegen scheint an der Magnetnadel keine mit Sicherheit den Erdbeben zuzuschreibende Schwankung statt zu finden.

Bemerkenswert ist die kaum zu erklärende Tatsache, die gleichwohl aus sehr zahlreichen Vergleichungen hervorgeht, daß im Herbst und Winter die meisten Erdbeben Vorkommen.

Die Dauer und Wiederholung der Erdbeben sind sehr verschieden. Gewöhnlich schwankt die erstere zwischen einigen Sekunden und mehreren Minuten und zuweilen waren wenige Augenblicke hinreichend, um Städte in Trümmerhaufen zu verwandeln und Tausende unter den Trümmern zu begraben. Das Erdbeben des Jahres 1693 zerstörte im Nu die Stadt Catania und 49 andere Ortschaften, wobei 60.000 Menschen das Leben verloren. Der benachbarte Ätna sah diesem furchtbaren Zerstörungswerke ruhig zu, ohne sich durch einen Ausbruch zu beteiligen. Am 26. Mai 1812 verwandelte ein einziger 5—6 Sekunden dauernder Stoß die schöne Stadt Caracas in einen Haufen von Leichen und Trümmern.


Sehr oft wiederholen sich solche Parorismen in längeren oder kürzeren Pausen mehr oder weniger oft, was einen Zeitraum von Monaten einnehmen kann. Humboldt macht darauf aufmerksam, daß solche lang andauernde Wiederholungen von Erdstößen ihm nur aus solchen Erdstrichen bekannt seien, die fern von allen Vulkanen liegen. Es ist dies nicht unerklärlich, denn der Mangel der Vulkane, dieser ausgleichenden Sicherheitsventile, muß veranlassen, daß auf andere Weise und erst nach langen Kämpfen die Ausgleichung durch Erdbeben erfolge.

Ebenso unbegründet wie die geglaubten Vorzeichen ist der Glaube an eine regelmäßige Umlaufszeit, Periodizität der Erdbeben, die man in Canada auf 25, und für die Umgegend und von Copiapó in Chili auf 23 Jahre annehmen wollte, da letztere Stadt 1773, 1796 und 1819 von Erdbeben heimgesucht wurde. Es läßt sich für eine solche regelmäßige Wiederkehr gar kein nur irgend haltbarer Erklärungsgrund angeben.

Dagegen läßt sich in manchen Fällen eine Gleichzeitigkeit, Synchronismus, der Erdbeben nicht bestreiten, welche umso bemerkenswerter ist, wenn diese zu gleicher Zeit an weit aus einander liegenden Punkten der Erde stattfinden und dabei ihre Richtung von dem einen Punkte auf den anderen weist, wie es mit dem am 16. Nov. 1827 in Columbien und gleichzeitig 1900 Meilen weit in Sibirien statt gehabten Erdbeben der Fall war. In ähnlicher Weise wie wir es bei den Vulkanen kennen lernten, und, in der Gleichzeitigkeit entgegengesetztem Sinne, nicht minder für den Zusammenhang entlegener Erdbebenherde sprechend, ist hier noch die Abwechslung der Erdbeben zwischen zwei weit gelegenen Orten zu erwähnen, so daß dieselben an dem einen ruhen, während sie an dem anderen in Tätigkeit sind.

Neben diesen zeitlichen Verschiedenheiten sind nun noch die räumlichen oder die Richtungsverhältnisse der Erdbeben zu erwähnen. In dieser Hinsicht lasten sich namentlich zwei Arten unterscheiden. Bei der einen geht die Wirkung des Erdbebens wie die Wellenkreise um einen in das Wasser geworfenen Stein von einem Mittelpunkte — wo sie am stärksten ist — nach allen Seiten hin aus und wird nach allen Seiten hin schwächer, auch an manchen Stellen den Erschütterungskreises durch Bergketten und andere Verhältnisse der Erdrinde unterbrochen. Das große Erdbeben in Kalabrien hatte seinen Mittelpunkt bei der Stadt Oppido, von wo es sich noch mit fast gleicher Stärke in einem Kreise von 11 geographischen Meilen Durchmesser erstreckte, innerhalb besten alle Ortschaften gänzlich zerstört wurden. Jenseits dieses Kreises nahm die Wirkung allmählich ab und das Erdbeben wurde sogar durch eine Granitkette nicht weit von Oppido gehemmt, so daß eigentlich bloß ein Halbkreis, dessen Mittelpunkt Oppido war, getroffen wurde.

Zuweilen hat man bemerkt, daß der Mittelpunkt während des Erdbebens sich in einer geraden Linie verändert, wodurch ein Übergang von dem zentralen Erdbeben zu dem linearen oder longitudinalen gebildet wird.

Letztere, wo die Erschütterung in einer mehr oder weniger geraden und langen Linie oft über eine weite Strecke verbreitet, treffen die in dieser Linie liegenden Orte nicht gleichzeitig sondern nacheinander. Es läßt sich ihre Bewegung mit den Wellenbewegungen eines schlaff gespannten Seiles vergleichen. In dem Umstande, daß die linienförmig verlaufenden Erdbeben in der Regel dem Fuße langer Bergketten oder der Meeresküste folgenfinden wir eine natürliche Übereinstimmung mit dem gleichen Verhalten der meisten Vulkanreihen und der früher einmal gelegentlich gemachten Bemerkung, daß die großen Kontinente durch vulkanische Hebung empor geschoben worden seien. (Vergl. S. 38.)

Überhaupt zeigt sich in der Fortpflanzung der Erdbeben eine große Abhängigkeit von der Oberflächengestaltung und von dem inneren Gefüge der Erde, wodurch es erklärt wird, daß zuweilen die Wahrnehmbarkeit eines Erdbebens von dem Mittelpunkte desselben aus eine Strecke weit unterbrochen ist und dann wieder auftritt. In solchen Fällen finden sich in der Strecke, wo man das Erdbeben nicht wahrnimmt, solche Verhältnisse der oberen Erdschichten, wodurch die Leitung der Schallwellen bis an die Oberfläche verhindert wird, während an weiter vom Centrum abliegenden Orten dies« Leitungsfähigkeit wieder vorhanden ist.

Der Umfang der Erdbeben ist bald sehr beschränkt, bald sehr bedeutend. Die beiden umfangreichsten zentralen Erdbeben sind, seitdem man dergleichen gewaltige Ereignisse mit wissenschaftlicher Kaltblütigkeit zu beobachten angefangen hat, das vom 1. Nov. 1755, durch welches Lissabon zerstört wurde, und das Erdbeben vom 7. Nov. 1837, welches sich über einen bedeutenden Teil des großen Ozeans verbreitete. Ersteres erstreckte seine Wirkungen fast auf ganz Europa, das nördliche Afrika und sogar bis nach den kleinen Antillen und den Küstenländern von Nordamerika, so daß sein Erschütterungskreis auf ungefähr 700,000 geogr. Meilen oder mehr als den 13. Teil der ganzen Erdoberfläche geschätzt wird. Während der heftigsten Erschütterung wurde dagegen der Vesuv plötzlich ruhig und dessen Rauchsäule schlug in den Krater zurück. Die heißen Quellen von Teplitz erlitten dabei eine plötzliche Trübung, versteckten dann auf kurze Zeit, um dann durch Eisenoxid gerötet mit einer solchen Fülle wieder hervorzubrechen, daß sie einen Teil der Stadt überschwemmten. Dieselbe Färbung erfuhren die Quellen von Bristol und wurden dadurch lange Zeit unbrauchbar. Während des Erdbebens am 7. Nov. 1837, welches gewöhnlich nach Valdivia in Chile benannt wird, betrug an mehreren Inseln das plötzliche Steigen und Fallen des Meeres 30 Fuß, und bei dem von Lissabon sogar das Steigen allein 40 Fuß über den Flutstand.

Bevor wir nach diesen Betrachtungen der verschiedenen Tätigkeitsäußerungen nach dem Vulkanismus zu dessen bleibenden Wirkungen, zu den Hebungen und Senkungen einzelner Teile der Erdoberfläche — der Aufgabe dieses Abschnittes — übergehen, schalte ich hier eine Stelle aus Hoffmann (hinterl. Werke II. S. 336) ein, welche meine Leser und Leserinnen recht geflissentlich auf den Einfluß aufmerksam machen soll, den die Beschaffenheit der Erdrinde auf die Erscheinungen der Erdbeben ausübt:

Alle festen Körper sind im Allgemeinen fähig, durch mechanische Einwirkungen erschüttert und in Schwingungen verseht zu werden; die Art der Fortpflanzung dieser Schwingungen hängt aber von der eigentümlichen Natur und Anordnung ihrer Teilchen ab; so auch die Schwingungen der Erdbeben von der Beschaffenheit und Struktur der Gebirgsarten, welche in so mannichfaltigen Verbindungen die Erdrinde zusammensetzen. In ununterbrochen gleichförmigen Gesteinen, deren Teilchen unter sich fest zusammenhängen, werden diese Schwingungen gleichförmig sich ausbreiten, wie die Wellen auf einem in Erschütterung versetzten Wasserspiegel. Wo aber Trennung in Platten und Tafeln, wo Schichtung und Zerklüftung sich einstellen, wo endlich ganze Gebirgsmassen nur von locker und unregelmäßig durcheinander gemengten Bruchstücken gebildet werden, da muß sich auch die regelmäßige Fortpflanzung der Erschütterungen auf das Manch- faltigste abändern, und ein und dasselbe über einen größeren Teil der Erdoberfläche verbreitete Erdbeben wird daher an verschiedenen Punkten die verschiedensten Wirkungen ausüben."

Indem wir nun zu den Umgestaltungen der Erdoberfläche durch den Vulkanismus übergehen, so wissen wir schon im Voraus daß dieser hierin die beiden anderen Mächte, das Wasser und das organische Leben, weit übertrifft und wir haben ihn sogar bei den Werken der Korallenpolypen als unterstützenden Vermittler kennen gelernt.



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Publiziert: 24.11.2019 / Aktualisiert: 24.11.2019, 12.1.2020, 12.7.2020
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