Historische Arbeiten
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Von Richthofen veröffentlichte Zeichnungen und Texte über die Strandverschiebungen, also Transgressionen oder Regressionen. Speziell über die Wirkung der Wellen in einem Umfeld der Regression oder Transgression.
Titel der Abbildung: Strandverschiebungen (Richthofen, 1886).
Foto/Scan - Digital bearbeitet: (W.Griem, 2014,
2019);
Aus:
Ferdinand
Freiherr von Richthofen - Abbildungen 73 und 74, 15 Seite 354.
Original-Größe der Abbildungen: 6 cm x 3cm.
Richthofen, F. (1886): Führer Für Forschungsreisen. - 745 Seiten, Berlin; Verlag Robert Oppenheim. [Sammlung W. Griem]
Die Abbildungen wurden mit einem HP
Scanjet G3110 mit 600dpi eingescannt, danach mit Corel Draw - Photo
Paint (v. 19) digital bearbeitet. Speziell Filter der
Graustufenverbesserung, Elimination von Flecken sowie Verbesserung der
Schärfe wurden bei der Bildbearbeitung angewandt (W. Griem 2020).
Die Texte wurden mit einer Pentax
Kr-3 II digitalisiert und später mit ABBYY (v.14) verarbeitet und zur
OCR vorbereitet. Frakturschriften wurden mit ABBYY Fine Reader Online in
ASCII umgewandelt; "normale" Schriftarten mit ABBYY Fine Reader Version
14.
Die Texte wurden den heutigen Rechtschreibregeln teilweise angepasst, es
wurden erläuternde und orientierende Zeilen eingefügt (W. Griem, 2020).
Text Original de Richthofen:
§160 und §161: p. 352 - 357
E. Wirkung der Brandungswelle bei negativer Strandverschiebung.
(Rückzug des Meeres)
[§160]
Wenn die relative Änderung im Niveau von Land und Meer an einer felsigen
Steilküste in der Weise geschieht, daß die Küstenlinie um einen gewissen
Betrag seewärts zurückschreitet und das Land sich zu heben scheint, so
wird der frühere Strand trocken gelegt und die Bildung eines neuen in
der tieferen Isohypse des nunmehrigen Meeresstandes sofort in Angriff
genommen. Fände das Zurückweichen des Meeres in einem durch lange
Perioden bezeichneten Rhythmus statt, so würde bei jedem Stillstand der
Bewegung eine Küstenterrasse mit Strand gebildet werden; aber da die
Breite einer derartigen Strandterrasse ein bestimmtes, nicht bedeutendes
Maß nicht überschreiten kann (§ 153), so würde in jedem einzelnen Niveau
eine örtliche und zeitliche Grenze für die mechanische Wirkung der
Brandungswellen gegeben sein; wenigstens würden nach Überschreitung
derselben die Kraftwirkungen sehr gering sein. Wir würden also, von der
Küste nach dem Inneren emporsteigend, eine Reihe von Terrassen über
einander angeordnet finden, und dieselben würden eine für jeden Fall
verschiedene Maximalbreite nicht überschreiten, häufig aber dieselbe
nicht erreichen. Solche Brandungsterrassen oder „gehobene
Strandterrassen“, meist von mangelhafter Ausbildung, sind an den Küsten
von Norwegen, Grönland, Spitzbergen, an der Westküste von Patagonien und
in anderen Gegenden bekannt. Sie finden sich besonders an solchen
Fjordküsten, welche aus sehr hartem Gestein bestehen, zuweilen
vereinzelt, öfters in mehrfacher Wiederholung übereinander. Ihr Fehlen
kann nicht als Beweis dafür, daß sie früher nicht vorhanden gewesen
seien, angenommen werden, da sie in weichem Gestein überall, und auch in
härterem bei feuchtem, heißem Klima leicht zerstört worden sein können.
Untersuchungen über das Maß dieser Zerstörung unter einer gewissen Summe
äußerer Bedingungen dürften von Interesse sein.
Verschieden von der beschriebenen muß die äußere Gestaltung dort sein,
wo der Rückzug des Meeres allmählich und sehr langsam, aber gleichmäßig
geschehen ist. An solchen Stellen muß die dem ursprünglichen höchsten
Stand entsprechende Terrasse ebenso allmählich tiefer herab gelegt
werden. Das Resultat würde demjenigen entsprechen, welches man an dem
emporgetauchten Teil desselben Abfalles durch Abnehmen einer je nach
Neigungswinkel und Gesteinshärte an Mächtigkeit wechselnden
Oberflächenschale erhalten würde; eine wesentliche Änderung in
demjenigen Teil des Abfalls, welcher von Anfang an über das Meer
hervorragte, würde in Folge dieser Vorgänge nicht verursacht werden.
Noch unbedeutender sind die Änderungen, welche die dem Rückzug des
Meeres folgende Arbeit der Brandungswelle an einer Flachküste auszuüben
vermag.
F. Bildung von Abrasionsflächen in Folge der Brandungswirkung
bei positiver Strandlinienverschiebung. [Transgression]
[§161] Wenn auf S. 336 die hohe Bedeutung der
Brandungswelle in der Umgestaltung der Erdoberfläche hervorgehoben
wurde, so kann dieselbe doch in ihrer ganzen Tragweite erst erkannt
werden, wenn man sie unter dem Gesichtspunkt der Verschiebung der
Angriffslinien gegen das Innere der Festländer hin betrachtet. In Folge
derselben hat dieses Agens wahrscheinlich in vergangenen Zeitaltern der
Erdgeschichte gewaltigere Änderungen hervorgebracht, als irgend eine
andere, von außen auf den Planeten wirkende Kraft. [*1] Beobachtungen
über seine Wirksamkeit in der Gegenwart liegen wegen besonderer damit
verbundener Schwierigkeiten sehr spärlich vor. Um so mehr ist die
Aufmerksamkeit Derjenigen, welchen sich Gelegenheit dazu bietet, auf
diesen Gegenstand zu richten. Fortgesetzte Untersuchung an einem Ort
wird, wenn der Gesichtspunkt klar erfaßt ist eben so gut zu brauchbaren
Resultaten führen, als das vergleichende Zusammentragen von
Beobachtungen an verschiedenen Stellen.
Wenn bei stationärer Lage einer Gebirgsküste die Brandungswelle das
äußerste erreichbare Arbeitsmaß vollzogen hat, wenn also der
Brandungsstrand eine solche Breite erlangt hat, daß die höchsten Wellen
eine zerstörende Kraft nicht mehr ausüben können, so wird die
Zerstörungsarbeit sofort wieder beginnen, wenn durch Sinken des Landes
oder Ansteigen des Meeresspiegels die Küste landeinwärts verlegt wird.
Der Vorgang ist derselbe wie der zuvor (§§ 153, 154) beschriebene.
Geschieht die Verschiebung der Strandlinie so langsam, daß in jeder
einzelnen Höhe die Brandungswelle das größtmögliche Maße ihrer Arbeit
getan hat ehe ein weiteres Vorrücken stattfindet, so wird sich eine
schwachgeneigte ebenmäßige Fläche bilden, deren oberer, bei Ebbe frei
gelegter Rand den Strand bildet und daher allein sichtbar ist, während
der gesamte übrige Teil unter dem Meer gelegen ist. Nehmen wir an, die
Figur 73 dargestellte Küste bestehe aus homogenem
Gestein, dessen Oberfläche unter gleichbleibendem Neigungswinkel von
einer Gebirgshöhe nach der Meerestiefe hinabziehe, und es seien an
derselben während einer langen Periode die Art und die Intensität der
dynamischen Agentien des Meeres unverändert, während die Meeresfläche
langsam ansteige. Stellt d t den Abfall des Gebirges gegen die
Meerestiefe dar, so wird die erste Wirkung der Brandung zwischen den
Gezeiten-Niveaus m und m1 in der Bildung einer Terrasse a a1 bestehen,
wobei die Gesteinsmasse a a1 b durch Nachstürzen entfernt wird. Steigt
nun das Meer um einen Betrag an, welcher die Tidenhöhen nach m2 und m3
verlegt, und bleibt es in dieser hinreichende Zeit bestehen, so wird die
Terrasse c c1 herausgearbeitet werden, während das Stück b c c1 d
allmählich hinabstürzt, zertrümmert und zerstört wird. Ebenso wird in
einer dritten Periode ee1 abgeschliffen werden und dee1f herabstürzen u.
s. f. Nimmt man die Zeitintervalle unendlich klein, d. h. das
Hinabsinken des Landes in das Meer kontinuierlich an, so wird die
Schlifffläche a n entstehen und der ganze Berg adff1 n abgetragen worden
sein. In ähnlicher Weise kann ein großes Faltungsgebirge über einer
gewissen hindurchgelegten Fläche verschwinden, und diese nun den
Meeresgrund bilden, wie in Figur 74 im Querschnitt
dargestellt ist, wo die punktierten Linien den durch die
Brandungswirkung abgetragenen Teil, und die Linie a n die
Abrasionsfläche andeutet. In dieser Weise kann die einfache
Strandterrasse durch Fortrücken des gleichen Vorganges eine Ausdehnung
von tausenden von Quadratkilometern erreichen. Selbstverständlich wird
der Stirnwall nur stellenweis und in verhältnismäßig geringer Höhe so
steile Formen bilden, wie in den Linien a1 b, c1 d, e1 f (Figur
73) dargestellt sind, indem die Erosion durch fließendes Wasser
die Tendenz hat, sanftere Neigungen, wie a1 b1 c1 d1 e1 f1 zu schaffen,
und dies je nach den obwaltenden Umständen mit größerer oder geringerer
Vollkommenheit erreicht.
Die Gestalt der Abrasionsfläche kann vielfache Abweichungen von der
Regelmäßigkeit erfahren. Geschieht bei homogenem Gestein und
gleichmäßigem ursprünglichem Abfall das Vorrücken des Meeres so schnell,
daß die Brandung in keinem Niveau ihr Werk vollenden kann, so wird die
ansteigende Fläche steiler sein und einen schief aufsteigenden Schnitt
durch die anfangs vorhanden gewesene Felsmasse darstellen. Wechselt das
Maße des Vorrückens in einzelnen Zeiträumen, so werden, bei
Voraussetzung von homogenem Gestein, sanftgeneigte und steilere Teile
der neu gebildeten Fläche in Zonen mit einander abwechseln.
Diese Fläche, welche einzig und allein bei positiver Verschiebung der
Strandlinie gebildet werden kann, bezeichnen wir als Abrasionsfläche,
den Vorgang selbst als Abrasion.
Die Abrasionsfläche kann eine Breite von vielen Kilometern erreichen;
der Fall ist denkbar und aus den früheren Zeitaltern der Erde
nachweisbar, daß sie zu hunderten von Kilometern, selbst, wenn auch in
Absätzen und in streckenweis vielfach modifizierter Gestalt, zu
tausenden derselben anwächst.
Die gewaltige Wirkung der Abrasion beruht auf dem Umstand, daß sie alle
Formgebilde welche über dem Brandungsniveau aufragen, zu vernichten
strebt, und daß sie dieses Ziel in außerordentlich vollkommener Weise zu
erreichen vermag. Ob die vorrückende Brandungswelle eine nur wenige
Meter aufragende Festlandsstelle angreife, oder ein mehrere Kilometer
hohes Gebirge erfasse — im einen wie im anderen Fall wird, falls die
Zeit zur Ausbildung der Brandungsterrasse und zur Forträumung des
Schuttes ausreicht, die gleiche, sanft aufsteigende Fläche geschaffen.
Das ganze Gebirge kann bis zu dem Niveau dieser Fläche vollkommen
abgetragen werden und als solches verschwinden. Und wenn hinter dem
ersten Gebirge ein zweites und ein drittes aufsteigt, so kann an der
Stelle von ihnen allen eine einfache Fläche mit geringer Abdachung
geschaffen werden. Folgt auf eine dem Strand parallele Zone harter
Gesteine eine solche von mürberen, leicht zerstörbaren Sandsteinen, so
vermag die vorschreitende Brandungswelle in diesen nicht tiefer hinab zu
arbeiten, als in jenen; und wenn dahinter wieder festes Gestein folgt,
so kann durch dasselbe die Fläche ebenmäßig fortsetzen. Das allgemeine
und ununterbrochene Ansteigen der Abrasionsfläche ist also unabhängig
von einem Härtewechsel des Gesteins, welcher in einer der Strandlinie
parallelen Richtung stattfindet. Es werden in so angeordnetem weichem
Gestein keine Vertiefungen geschaffen.
Dieses Verhältnis ist in Figur 75 dargestellt, wo a n
die Projektion der Abrasionsfläche auf der vertikalen Durchschnittsebene
ist. Mit p p ist gefaltetes paläozoisches Gebirge, mit r s aufgelagerter
roter Sandstein, mit m m1 eine Absenkungsverwerfung bezeichnet. Es ist
klar, daß die Linien nm und m1 0 eine alte Abrasionsfläche anzeigen, auf
welcher die Sandsteine transgredierend lagern, und daß durch eine
spätere Gebirgsstörung die Sandsteine bei m1 in eine tiefe Lage gekommen
sind. Wenn nun die neue Abrasionsfläche von a bis rs vorgedrungen ist,
so kann sie zwar in dem Material, welches sie hier trifft, leichter und
schneller arbeiten als zuvor; aber sie kann sich nicht nach der Tiefe in
dasselbe eingraben, sondern setzt ihren Gang, wenn der Brandungswelle
bei jedem Meeresstand hinreichend Zeit gelassen ist, gleichmäßig fort
bis nach n.
[*1]: Es sind vielfach Ansichten über die Frage ausgewechselt worden, ob in der Gegenwart eine größere Abtragung der Festlandsmassen durch die äußeren Agentien (Verwitterung. Lösung, Wirkung fließender Gewässer) oder durch das Meer geschieht, und es sind zu Gunsten der ersteren gewichtige Argumente geltend gemacht worden. Insoweit dieselben auf Berechnung fortgeführter Quantitäten beruhen, gestatten sie keinen Vergleich, da selbst der roheste Versuch einer quantitativen Schätzung der Zerstörung durch das Meer noch nicht gemacht werden konnte. Aber auch wenn die subaerische Abtragung jetzt wirklich grösser sein sollte, kann diese Schlußfolgerung keineswegs auf vergangene Zeiten übertragen werden. Denn die Jetztzeit zeichnet sich durch relativen Stillstand in den Strandverschiebungen aus, welche die erste Bedingung für die volle Wirksamkeit der Kräfte des bewegten Meeres sind. Die Größe des Phänomens ergibt sich erst aus der geologischen Betrachtung der Abrasionsflächen und der Gebilde transgredierender Ablagerung.
Geschichte der Geowissenschaften
Allgemeine Geologie
Erosion und Küste
Küstenerosion (Bendant, 1844)
Küsten Erosion Helgoland (Burmeister, 1851)
Die Küsten-erosion (Beche, 1852)
Erosion an der Küste (Beche,
1852)
Küsten Erosion (2) - Beche, 1852
Morphologie der Küste,
Inseln (Beche, 1852)
Felsentore und ihre Bildung (Beche,
1852)
Küstenerosion (Roßmäßler,
1863)
►
Erosion, Strandverschiebung (Richthofen, 1886)
Felsenküste und Tore (Neumann, 1897)
Küstenerosion, Höhlen (Neumayr)
Küstenerosion (Neumayr, 1897)
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