Historische Arbeiten
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Neumayr, Uhlig (1897)
Geologie
Abb. 260: Meeresstrand von Porto Venere in Ligurien (Neumayr & Uhlig, 1897)
Neumayr, M. Uhlig, V. (1897): Erdgeschichte. -
Band 1: 692
Seiten, 378
Abbildungen; Band 2: 700 Seiten, 495 Abbildungen, Verlag Bibliographisches Institut,
Leipzig und Wien.
[Sammlung W. Griem]
Die Abbildungen wurden mit einem HP
Scanjet G3110 mit 600dpi eingescannt, danach mit Corel Draw - Photo
Paint (v. 19) digital bearbeitet. Speziell Filter der
Graustufenverbesserung, Elimination von Flecken sowie Verbesserung der
Schärfe wurden bei der Bildbearbeitung angewandt (W. Griem 2020).
Die Texte wurden mit einer Pentax
Kr-3 II digitalisiert und später mit ABBYY (v.14) verarbeitet und zur
OCR vorbereitet. Frakturschriften wurden mit ABBYY Fine Reader Online in
ASCII umgewandelt; "normale" Schriftarten mit ABBYY Fine Reader Version
14.
Die Texte wurden den heutigen Rechtschreibregeln teilweise angepasst, es
wurden erläuternde und orientierende Zeilen eingefügt (W.Griem, 2020).
Eine realistische Zeichnung einer Art der Küstenerosion und einige Küstenformen.
Original Text von Neumayr & Uhlig, 1897
Küstenerosion
p. 530 im original; p. 551 im bearbeitetem Text
Zerstörende Wirkung des Meeres.
Gänzlich verschieden von der Art und Weise, wie fließendes Wasser die
Gesteine angreift, ist die Einwirkung der stehenden Wasser und speziell
die des Meeres. Die Tätigkeit des Meeres beschränkt sich auf einen
verhältnismäßig sehr kleinen Raum; wo das Wasser einigermaßen tief ist,
da zeigt es keinerlei Bewegung, die geeignet wäre, eine erodierende
Wirkung hervor zu bringen, sondern lagert Sedimente ab; zerstörend tritt
es nur an seiner Oberfläche an dem äußerst schmalen Gürtel auf, wo es
brandend seine Ufer peitscht, wenn die steigende Flut oder der Wind
seine Wellen emportreibt.
In dieser schmalen Zone aber ist der zerstörende Einfluß des Meeres sehr
beträchtlich. Namentlich an den Küsten des offenen Ozeans haben die
Brandungswellen eine so außerordentlich große Kraft, daß sie bei
heftigen Stürmen Felsblöcke von mehr als 100 Zentnern Gewicht zu bewegen
und aufwärts zu rollen vermögen. Dynamometrische Apparate gestatten eine
Messung der mechanischen Leistung der Brandung, und man hat gefunden,
daß der horizontale Druck der Wellen z. B. am Bristolkanal 137 kg, der
vertikale aber 11.500 kg auf das Quadratmeter betragen kann; bei
Civitavecchia beträgt der Druck 16.000 kg, an der nordschottischen Küste
bei sehr starken Stürmen sogar 30.000 kg auf das Quadratmeter. Derartige
mechanische Kräfte erklären die fast unglaublichen Zerstörungen, die an
sturmreichen Küsten vorgekommen sind. So wurden auf Unst, der
nördlichsten Shetlandinsel, schon wiederholt die Fenster des
Leuchtturmes in 59 m Höhe über dem Meeresspiegel durch die
aufgepeitschten Brandungswellen eingedrückt. An dem Wellenbrecher von
Wick in Schottland wurde ein Steinblock von 320 cbm Inhalt, der auf drei
Betonwürfeln verankert war, mit diesen ins Meer gerissen und dabei ein
Gewicht von 13.500 Zentnern ungefähr 15 m weit bewegt!
Mancherlei Umstände unterstützen überdies die Wirkung der Brandung. Die
Salze, die Kohlensäure, der Sauerstoff des Meerwassers fressen an dem
Ufergestein und machen es morsch, Bohrmuscheln, bohrende Würmer, Seeigel
und Schwämme lockern den Zusammenhang und schaffen neue Angriffsflächen.
Mit vielfach gegabelter Wurzel klammern sich langblätterige Bändertange
an die Felsblöcke und Klippen der Uferzone, und jede Wellenbewegung wird
dadurch allmählich auf das Gestein übertragen, so daß es endlich
gelockert und bei einem kräftigen Sturm samt dem Tange ausgehoben wird.
An nordischen Küsten arbeitet der Frost mit, das Ufergestein zerfällt
durch das Gefrieren des in alle Spalten eindringenden Meerwassers.
Überdies führen die Wellen, wenn sie sich auf den Strand stürzen, ganze
Ladungen von Rollkieseln, Sand oder Schlamm mit, die sie gleich
Geschossen gegen die Felswände schleudern, und erhöhen dadurch nicht
unwesentlich ihre Erosionskraft.
Wo das Meer so gewaltige Kräfte entwickeln kann, muß denn auch eine
Leistung von hoher geologischer Bedeutung erfolgen. Es ist bekannt, daß
z. B. Helgoland in früherer Zeit viel größer war als heute, und daß das
Meer bei wiederholten Sturmfluten große Stücke von seinen Rändern
losgerissen hat; heute ist die Insel vielfach kleiner, als sie vor 1000
Jahren war, wenn auch in den alten Darstellungen manche grobe
Übertreibungen vorhanden sein mögen. Auch an einigen Küstenstrichen von
England und der Normandie werden fast jährlich beträchtliche Schollen
losgerissen, und stellenweise ist der Landverlust kein geringer; an der
Küste von Suffolk rückte z. B. das Meer in den Jahren 1824—29 um 16 m
landeinwärts vor.
Ebenso große, ja wahrhaft erschreckende Fortschritte macht die
Zerstörung des Landes an der Küste von New Jersey, denn es ergibt sich
aus dem Vergleich älterer und neuerer Küstenaufnahmen für Long Beach ein
Zurückweichen des Landes um 5 m im Jahr, für Kap May um 3 m. Besonders
rasch verfallen die lockeren Aufschüttungen neugebildeter Vulkaninseln
dem Andrang der Wellen, wofür wir bei Besprechung der Vulkane eine Reihe
von Beispielen kennengelernt haben (s. S. 190), und dasselbe gilt für
Inseln mit sandigem Boden. Die Sandinsel (Sable Island) östlich von
Neuschottland besaß nach den ältesten französischen Karten eine Länge
von 74 km, eine Breite von 4,16 km; im Jahre 1776 reduzierte sie eine
englische Admiralitätskarte um 18,5 km in der Länge und 460 m in der
Breite, und im Jahre 1890 war das halbmondförmige Eiland nur noch 40,7
km lang und 1,85 km breit.
Man darf aber die zerstörende Wirkung des Meeres nicht allein nach
diesen Ausnahmefällen bemessen, bei denen besonders günstige Umstände
der Brandung entgegenkommen. Denn nicht nur die lose Beschaffenheit der
jungen vulkanischen Aufschüttungen und der Sandinseln erleichtern die
Meereserosion, sondern auch die felsigen Steilküsten, um die es sich bei
den Beispielen raschen Zurückweichens des Landes gewöhnlich handelt.
Diese sind nämlich meist in hohem Grade zerklüftet und von zahlreichen
Spalten durchsetzt, so daß das Felsgefüge schon gelockert und dem
Angriff des Meeres in ausgiebiger Weise vorgearbeitet ist (s. Abbildung
260). Ferner begünstigen die Steilküsten den Vorgang der Unterhöhlung,
der hauptsächlich den Zerfall des Küstengesteins herbeiführt.
Abb. 261: Die Insel Jan Mayen.
Das Meer erodiert nämlich an steilen Felsküsten in dem ganzen Raum, an
dem es brandet, d. h. von dem Stande der tiefsten Ebbe bis empor zu der
Linie, bis zu der es bei den höchsten Sturmfluten seine Wellen noch
emporschleudert, am stärksten jedoch zwischen der halben Fluthöhe und
der oberen Brandungsgrenze; hier nagt es das Gestein unmittelbar aus und
erzeugt dadurch eine Höhlung, eine konkave Fläche, die gegen das Land
einspringt. Dringt nun diese Austragung tiefer und tiefer ein, so
verlieren die höher gelegenen Massen, die vom Wasser nicht mehr erreicht
werden, ihre Stütze und Unterlage und brechen herab. Das Meer wirkt also
mittelbar auch auf die Teile des Absturzes, die es nicht berührt, und
erzeugt auf diese Weise die senkrecht ab- stürzenden Uferklippen, die
seine Gestade vielfach umsäumen (s. Abbildung 261). Nicht selten wird
der Strand derart unterwühlt, daß es zur Bildung förmlicher
Strandhöhlen, Grotten oder Felsentore kommt. Ein berühmtes Beispiel
dieser Art ist die herrliche Blaue Grotte aus Capri, typischer aber sind
die Unterhöhlungen an der englischen Steilküste oder auf Helgoland
ausgebildet. Die Abbildung 262 zeigt diese Erscheinung von der
Bäreninsel.
Abb. 262: Das Bürgermeistertor auf der Bäreninsel (Nach Nordensköld)
Wenn derartige Grotten oder Felsentore einstürzen, wird die Küstenlinie
mit einem Schlage um ein gutes Stück landeinwärts verlegt, und in
einiger Entfernung vom Strande erheben sich steile Felsen, die als
Wellenbrecher dem steten Ansturm der Salzflut trotzen. Manche Klippen,
namentlich an kalkigen Steilküsten, mögen in dieser Weise vom Festland
oder der Inselmasse losgelöst worden sein (s. Abbildung 263). Für die
Schnelligkeit der Küstenzerstörung sind Schichtstellung und Wechsel der
Gesteinsbeschaffenheit von großer Bedeutung. Wo die Schichten dem Meer
zufallen, muß die Brandung an der geneigten Schichtstäche Hinaufrollens
sie hat dabei nicht nur das Wasser zu heben und die Reibung zu
überwinden, sondern ihre Kraft wird auch durch das auf derselben Fläche
zurückfließende Wasser erschöpft. Aus demselben Grunde ist die Wirkung
der Meereserosion auch an allen Flachküsten sehr gering. Wenn dagegen
die Schichten landeinwärts entfallen, prallt die ganze Wucht der
Brandung unmittelbar auf die Schichtköpfe und findet so die günstigsten
Bedingungen für das Unterwaschen der Steilküste. Ein gutes Beispiel
dafür bietet die Insel Helgoland: an der Nordostküste, wo die Schichten
meerwärts fallen, kann man bei Ebbe die großen Steintafeln des Strandes
sehen, an denen das Meer nur geringe Spuren seiner Tätigkeit
zurückgelassen hat; an der südwestlichen Küste dagegen senken sich die
Schichten landeinwärts, und dort treten daher die malerischen
Felspfeiler und Grotten auf, die die Wahrzeichen des zerstörend
vordringenden Meeres bilden.
[Hier
weiter im Text]
Abb. 263: Meeresstrand auf Capri.
Geschichte der Geowissenschaften
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Die Küsten-erosion (Beche, 1852)
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M.Neumayr
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