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Geschichte der Geowissenschaften

Naumann, C. (1850): Die Erdkruste

Historische Arbeiten

W. Griem, 2020

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Modell des Inneren der Erde - Neumayr, 1897

Erdmodell von Athanasius Kircher [hier mehr]


Naumann beschreibt die Erkenntnisse über die Erdkruste, und das Innere der Erde, ohne Seismik, ohne Tiefbohrungen, es bleiben nur wenige Beobachtungen; er benutzt einige Begriffe, welche bis heute üblich sind:
Atmosphäre
Hydrosphäre
Lithosphäre.

Um 1850 gab es kaum Möglichkeiten an Informationen aus dem Inneren der Erde zu gelangen.

Einige Definitionen:
Geognosie: Das Kennen der Erde, eher Beschreibend.
Athmosphärologie: Meteorologie
Chthonographie: Etwa Lithologie, Wissenschaft der Festen Erde.
Abyssologie: Wissenschaft der Tiefen der Erde

Eine Zusammenfassung:
Ohne Geophysik geht nicht viel...



Libro de Naumann, 1850 - Geognosie

Geognosie, 1850: Buch von Naumann

 

Zitat:
Naumann, Carl Friedrich ( 1850): Lehrbuch der Geognosie. - Band 1; 1000 Seiten, 306 Abbildungen, Verlag Wilhelm Engelmann, Leipzig
Naumann, Carl Friedrich ( 1850): Lehrbuch der Geognosie. - Band 2; 1222 Seiten, Verlag Wilhelm Engelmann, Leipzig. [Sammlung W. Griem]

Die Abbil­dungen wurden mit einem HP Scanjet G3110 mit 600dpi einge­scannt, danach mit Corel Draw - Photo Paint (v. 19) digital bear­beitet. Speziell Filter der Grau­stufen­verbesserung, Elimina­tion von Flecken sowie Ver­besserung der Schärfe wurden bei der Bild­bear­beitung angewandt (W. Griem 2020).

Die Texte wurden mit einer Pentax Kr-3 II digi­talisiert und später mit ABBYY (v.14) verarbeitet und zur OCR vorbereitet. Fraktur­schriften wurden mit ABBYY Fine Reader Online in ASCII um­gewandelt; "normale" Schrift­arten mit ABBYY Fine Reader Version 14.
Die Texte wurden den heutigen Recht­schreib­regeln teilweise angepasst, es wurden erläuternde und orien­tierende Zeilen eingefügt (W. Griem, 2020).


Naumann, Carl Friedrich ( 1850): Lehrbuch der Geognosie. - Vol. 1; 1000 Seiten, 306 Abbildungen, Verlag Wilhelm Engelmann, Leipzig
Seite 8- 10

Originaltext in Deutsch, Naumann (1850):
p. 8-10

§.4. Chthonographie, oder Geognosie der festen Erdkruste.


Wir haben uns nun die Frage zu beantworten, wie viele und welche Hauptglieder in der Zusammensetzung unseres Planeten zu unterscheiden sein werden. Die Beobachtung führt uns sogleich auf die Anerkennung dreier peripherischer Glieder, welche, ungeachtet mancher zwischen ihnen bestehenden Wechselwirkungen, dennoch eine gewisse Selbständigkeit und eine bestimmte räumliche Absonderung behaupten.

Als das innerste und wichtigste dieser Glieder erkennen wir die Erdkruste oder Erdveste, die starre Schale des Planeten, dieses ringsum geschlossene Firmament des Erdganzen, welches den Träger der beiden anderen Glieder und den eigentlichen Grund und Boden für Alles bildet, was auf seiner Oberfläche lebt und webt.

Im auffallendsten Kontraste mit dieser schweren, starren und scheinbar unbeweglichen Schale des Planeten steht die Atmosphäre, diese leichte, elastisch-flüssige und vielbewegte Hülle desselben, welche, obwohl kaum bemerkbar für das Auge, dennoch von dem bedeutsamsten Einflüsse auf das Ganze ist, und ohne welche alles Leben von der Erde verschwinden würde. Sie bildet das Äußerste peripherische Glied unsers Planeten, und ist gleichfalls ringsum geschlossen, so dass das rätselhafte, unserem Blicke ewig unerreichbare Innere desselben von zwei konzentrischen Kugelschalen umschlossen wird, welche in allen ihren Verhältnissen einen entschiedenen Gegensatz erkennen lassen.

Zwischen ihnen beiden breitet sich in mehr oder weniger unterbrochener Ausdehnung der Ozean aus, welcher die großen Vertiefungen der festen Erdoberfläche erfüllt, und daher keine ringsum geschlossene Hülle des Planeten bildet, sondern ihn nur wie ein vielfach zerrissener Mantel umschließt. Zu dem Ozean stehen aber die Landgewässer in der innigsten Beziehung. Diese sind teils ruhend, in kleineren bassin-förmigen Vertiefungen, teils fließend in mehr oder weniger weiten Kanälen der Erdoberfläche und Erdkruste enthalten, erscheinen als zahllose Verbindungsglieder zwischen dem Festlande und dem Ozean, und vereinigen sich mit solchem zur Bildung des Reiches der Gewässer, als des mittleren der drei peripherischen Glieder unseres Planeten.

Diese drei peripherischen Glieder sind es nun zuvörderst, welche ebenso viele Abschnitte der Geognosie begründen. Die Erdveste hat natürlich wegen ihrer großen Bedeutung als Wiege und Wohnstätte des Menschengeschlechtes und als das eigentliche Feld seiner Tätigkeit, wegen ihrer reichhaltigen Zusammensetzung, wegen der außerordentlichen Manchfaltigkeit ihrer Verhältnisse, und wegen der technischen Wichtigkeit ihrer untergeordneten Glieder von jeher die meiste Aufmerksamkeit in Anspruch genommen, weshalb auch oft derjenige Teil der Geologie, welcher sich mit ihr beschäftigt, vorzugsweise und im engen Sinne Geognosie genannt worden ist.

Wir würden dafür den Ausdruck Geognosie der Erdkruste zu wählen haben, stattdessen sich auch das Wort Chthonographie gebrauchen lässt, welches uns auf diejenige Wissenschaft verweist, deren wesentliche Aufgabe es ist, uns über die Zusammensetzung, Struktur und Architektur des Grund und Bodens oder der eigentlichen Erdveste zu belehren. Die Lehre vom Reich der Gewässer hat man Hydrographie, und die Lehre von der Atmosphäre Atmosphärologie oder Meteorologie genannt.

Durch die bisherigen Betrachtungen scheint jedoch die Gliederung unseres Planeten noch nicht vollständig erschöpft zu sein. Denn, wo von Gliedern die Rede ist, da erwartet man auch, dass ein Rumpf oder Stamm genannt werden wird, an welchen die Glieder angeschlossen sind. Das Erd-Innere ist es nun, welches den zentralen Stamm oder Kern, gleichsam den Rumpf des Erd-Organismus bildet, den jene drei peripherischen Glieder umschließen.

Wie mangelhaft und hypothetisch aber auch unsere Kenntnisse über dieses Erd-Innere sein mögen. so ist doch sein Einfluss auf die peripherischen Glieder von solcher Wichtigkeit, so sind doch seine Dimensionen und seine Masse von so überwiegender Größe, dass wir es mit allem Rechte als das Haupt- oder Zentralglied in der Zusammensetzung unseres Planeten betrachten, und dass die wenigen Ergebnisse unserer Forschungen über die Natur dieses Zentralgliedes in einem besonderen Abschnitte zusammengefasst werden müssen, welchen man Abyssologie nennen kann, weil er die unerreichbaren und unergründlichen Tiefen des Erdinneren zum Gegenstände hat.

Die sehr bedeutende und hinter der des ganzen Planeten nur wenig zurückbleibende Größe dieses Zentralgliedes, sowie der Umstand, dass die über dasselbe aufzustellenden Resultate, wesentlich in gewissen Folgerungen der allgemeinen Geophysik bestehen, lassen es jedoch zweckmäßig erscheinen, die Abyssologie in das Gebiet der Geognosie des Erd- Ganzen zu verweisen.

Demzufolge ergibt sich folgende Einteilung der Geognosie:
Geognosie des Erdganzen und seines Zentralgliedes:
a) Geodäsie.
b) Geophysik
c) Abyssologie

Geognosie der peripherischen Erdglieder:
a) Chthonographie
b) Hydrographie
c) Atmosphärologie


Literatur:

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Publiziert: 4.8.2019 / Aktualisiert: 4.8.2019, 18.10.2020
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