Historische Arbeiten
W. Griem, 2020Inhalt der Seite:
Abbildung Meteorit
Abbildung Butsura
Abb. Info
Text Meteoriten
- - -
Seite
+
Inhalt
mehr geovirtual
Foto/Scan - Digital Bearbeitet: (W.Griem, 2007,
2019);
von: M.Neumayr / V.Uhlig (1897)
"Meteorit de Kakova"; Seite 69b Original Größe der Abbildung:
10 cm x
9
cm.
Titel: Meteorit de Kakova
Neumayr, M. Uhlig, V. (1897): Erdgeschichte. -
Band 1: 692
Seiten, 378
Abbildungen; Band 2: 700 Seiten, 495 Abbildungen, Verlag Bibliographisches Institut,
Leipzig und Wien.
[Sammlung W. Griem]
Die Abbildungen wurden mit einem HP
Scanjet G3110 mit 600dpi eingescannt, danach mit Corel Draw - Photo
Paint (v. 19) digital bearbeitet. Speziell Filter der
Graustufenverbesserung, Elimination von Flecken sowie Verbesserung der
Schärfe wurden bei der Bildbearbeitung angewandt (W. Griem 2020).
Die Texte wurden mit einer Pentax
Kr-3 II digitalisiert und später mit ABBYY (v.14) verarbeitet und zur
OCR vorbereitet. Frakturschriften wurden mit ABBYY Fine Reader Online in
ASCII umgewandelt; "normale" Schriftarten mit ABBYY Fine Reader Version
14.
Die Texte wurden den heutigen Rechtschreibregeln teilweise angepasst, es
wurden erläuternde und orientierende Zeilen eingefügt (W.Griem, 2020).
Meteorit de Kakova ist heute im Museum von Wien ausgestellt. Kakova befindet sich in Rumänien (Banat) - der Meteorit schlug am 19. Mai im Jahre 1858 dort ein.
Original Text, Neumayr & Uhlig
(1897)
Meteorite (II)
p. 97
[hier
vorheriger Text]
Selbst bei den großen Steinregen kommen meist „ganze" Exemplare herab;
so werden im Pariser Museum für Naturwissenschaften allein 950 ganze
Steine von dem einen Falle von Pultusk vom 30. Januar 1868 aufbewahrt.
Die Bildung so zahlreicher gut abgerundeter Fragmente durch Zersprengung
einer einzigen Masse während des Zeitraums weniger Sekunden, die sie in
der Atmosphäre zubringt, ist ein Ding der Unmöglichkeit; man sieht sich
daher zu der Annahme gezwungen, daß sich ganze Schwärme von Körpern eng
gedrängt im Weltraum bewegen. Man kennt zwar Fälle von Zersprengung
eines Meteors während der Zeit, in welcher es mit kosmischer
Geschwindigkeit durch die Luft stürmt, Fälle, in welchen jedes
Bruchstück vollständig glasig überrindet ist; so fand man bei Quenggouk
in Indien zwei genau zusammenpassende Fragmente in einer Entfernung von
etwa einer englischen Meile voneinander, welche an den Bruchflächen
leicht überrindet waren, und bei dem Falle von Butsura in Ostindien, vom
12.Mai 1861, fand man drei Stücke, die in gegenseitigen Entfernungen von
2 englischen Meilen lagen und vollkommen zusammenpaßten (vgl. Abbildung
77); doch gehören diese Fälle zu den Ausnahmen, und keinesfalls kann man
Steinregen wie die oben genannten auf derartige Vorgänge zurückführen.
Für die Erklärung solcher Fälle reicht nur die Annahme von
Meteoritenschwärmen aus. Allerdings scheint dieser Auffassung ein
ziemlich handgreiflicher Einwurf gegenüberzustehen: das Meteor tritt als
eine geschlossene Feuerkugel auf, wie sollte dasselbe aus einigen
Hundert oder Tausend kleiner Bruchstücke bestehen? Diese Zweifel werden
jedoch durch eine höchst wichtige Beobachtung des berühmten Vorstands
der Sternwarte in Athen, Julius Schmidt, zerstreut, des ersten
Astronomen, dem es gelungen ist, eine Feuerkugel, ersten Ranges durch
ein Teleskop zu beobachten. Wenn man bedenkt, wie spärlich solche
Erscheinungen auftreten, wie kurz sie dauern, und mit welcher
Blitzeseile sie in der Regel vorüberziehen, so wird es begreiflich, daß
sie überaus selten zur Beobachtung gelangen. Das Meteor erwies sich,
durch das Fernrohr betrachtet, als aus zahlreichen Teilen
zusammengesetzt; es bestand aus zwei strahlend grünen Stücken von
tropfenförmiger Gestalt, welche lange feuerrote Schweiflinien
zurückließen; hinter ihnen folgte ein Schwarm grünstrahlender Fragmente
von sehr verschiedener Größe, deren jedes eine rote Feuerlinie mit sich
führte. Besonders wird hervorgehoben, daß der wirkliche Durchmesser der
Erscheinung ein sehr viel kleinerer war, als er dem freien Auge
erschien, eine Tatsache, welche von großer Wichtigkeit ist, da sie
zeigt, daß der oft hervorgehobene Kontrast zwischen den großen
Dimensionen der Meteore und der geringen Masse der niederfallenden
Steine lediglich auf einer durch das blendende Licht der ersteren
erregten Sinnestäuschung beruht. Das bedeutendste Resultat ist aber
jedenfalls der sichere Nachweis, daß eine größere Anzahl meteorischer
Körper in geschlossenem Schwarm und mit parallelen Bahnen die Atmosphäre
durchzieht und dabei dem unbewaffneten Auge als eine einzige Feuerkugel
erscheinen kann, wie dies namentlich von Haidinger schon längst
angenommen worden war.
Die Größe und Masse der Steine, welche auf die Erde niederfallen, ist in
der Regel keine bedeutende; der Eisenblock von Santa Katharina in
Brasilien wog allerdings 2250 kg, eine zweite in Brasilien gefundene
Masse wurde auf 7000 kg geschätzt, wiewohl ihre Größe noch nicht 1 cbm
erreichte, und zwei zusammengehörige schollenförmige Eisen von 4,65 in
Länge und 1,5 m Breite, welche bei Chupaderos in Mexiko gefunden wurden,
wiegen gar 24—25,000 kg; aber unter den nichtmetallischen Aerolithen
kennt man nur einzelne von 200—300 kg selten überschreiten sie 50 kg,
und bei den meisten bleibt das Gewicht bedeutend unter diesen Grenzen.
Sehr kleine „ganze" Steine kennt man ebenfalls verhältnismäßig wenige,
doch liegt der Grund hierfür wohl lediglich in der großen Schwierigkeit,
dieselben zu finden. Bei dem Falle von Heßle bei Upsala in Schweden,
welcher am 1. Januar 1869 stattfand, erleichterte eine Schneedecke die
Aufsuchung, und infolgedessen gelang es hier, viele solcher kosmischen
Körper bis zu winzigen Dimensionen nachzuweisen; der kleinste, welcher
in Stockholm aufbewahrt wird, hat ein Gewicht von 0,06 g.
Solche Vorkommnisse bilden den Übergang zu förmlichem Meteorstaub,
dessen Ankunft ebenfalls in manchen Fällen nachgewiesen wurde. So fand
man in Schweden auf der winterlichen Schneedecke schwarzen Staub, der
sich als aus Eisenpartikelchen bestehend erwies und als meteorisch
gedeutet wird. Ja, in den größten Tiefen des Meeres, weitab vom
Festland, wo sich nur überaus geringe Mengen von Absatz aus dem Wasser
Niederschlagen, enthält dieses Sediment, besonders der sogenannte rote
Tiefseeschlamm, braungelbe, mit nickelhaltigem Eisen überrindete
Körnchen von 0,5 mm Durchmesser, welche sich als meteorische
Bronzitchondrite darstellen und beweisen, daß die Tiefseeablagerungen zu
einem ziemlich beträchtlichen Teile aus Meteorstaub bestehen.
Die Meteoriten „fallen vom Himmel", aber woher kommen sie, welches ist
ihr Ursprung? Diese Fragmente, von welchem Himmelskörper stammen sie,
aus welchen Regionen des Weltraums gelangen sie zu uns?
Über diese ebenso wichtigen wie schwierigen Fragen sind schon viele
Hypothesen aufgestellt und erwogen worden, und wenn auch eine derselben
heute vorwiegend Anklang findet, kann man die Sache doch noch nicht als
vollständig entschieden betrachten.
Ursprünglich dachte man daran, daß die Meteoriten „verdichtete Dünste"
des Weltraums seien, und diese Ansicht wird auch heute noch vertreten.
Später betrachtete man die Meteoriten als Auswürflinge der angenommenen
Mondvulkane, und nachdem diese Ansicht lange Zeit für gänzlich unhaltbar
gegolten hatte, wurde sie neuestens von ernster astronomischer Seite
wieder in den Vordergrund gerückt und diskussionsfähig gemacht.
Abb. 77: Meteorit von Butsura - Neumayr & Uhlig
Die Bomben der Mondvulkane müßten mit ungeheurer Anfangsgeschwindigkeit
ausgeschleudert worden sein, um die Mondanziehung überwinden und um Mond
und Erde kreisen zu können. Hierin und in der großen Schnelligkeit der
Bewegung der Meteoriten erblickt man die Hauptschwierigkeit dieser
Anschauung. Von anderer Seite wurde auf die Sonneneruptionen
hingewiesen, aber diese Idee wurde bald abgelehnt, da, wie man weiß, die
Substanz der Protuberanzen stets in die Sonne zurückfällt. Forscher,
welche an diese Frage hauptsächlich vom petrographischen und
geologischen Standpunkt herantreten, sind zumeist geneigt, mit Rücksicht
auf die weiter unten zu besprechende Analogie zwischen dem meteorischen
und dem Magma der großen Erdtiefen, den Bestand von ähnlich wie die Erde
gebauten planetarischen Körpern anzunehmen. Diesen werden die Meteoriten
zugeschrieben, und zwar werden zur Bildung der Meteoriten teils
vulkanische Eruptionen solcher Weltkörper, teils ein Zerfall derselben
in viele kleine Scherben vorausgesetzt.
Diejenige Anschauung, welche namentlich unter den Astronomen die meisten
Anhänger zählt, bringt die Meteorsteine in Verbindung mit den
Sternschnuppen und Kometen. Nachdem ein Zusammenhang zwischen diesen
Erscheinungen schon seit längerer Zeit von verschiedenen Forschern
vermutet worden war, hat Schiaparelli durch seine scharfsinnigen
Untersuchungen wichtige Gründe für das Bestehen eines solchen
Zusammenhanges beigebracht; seine Lehre wurde dann durch E. Weiß in
manchen Punkten abgeändert und bildet jedenfalls die beste Erklärung der
Erscheinungen, die bisher gegeben worden ist.
Das schöne Phänomen der Sternschnuppen ist allgemein bekannt; in jeder
heiteren Nacht sieht man von Zeit zu Zeit, mehrmals in einer Stunde, wie
ein Stern aus der Zahl der übrigen hervorzubrechen scheint und mit
großer Schnelligkeit am Himmel dahinschießt, um nach wenigen
Augenblicken wieder zu verschwinden. Man weiß jetzt mit Bestimmtheit,
daß die Sternschnuppen wie die Meteoriten feste Körper sind, die mit
kosmischer Geschwindigkeit aus dem Weltraum in die Erdatmosphäre
eindringen und hier zu leuchten beginnen; die Höhe, in welcher sie
erscheinen und wieder erlöschen, ist sehr wechselnd, doch kann man
dieselbe für ihr Aufleuchten durchschnittlich mit 15, für das
Verschwinden mit 11 Meilen über der Erdoberfläche annehmen. Auch hier
ist die Lichterscheinung von der durch die kosmische Geschwindigkeit des
fliegenden Körpers erhitzten und komprimierten Luft veranlaßt; der Grund
des Erlöschens kann nur darin gesucht werden, daß der Körper durch die
glühende Temperatur, vielleicht auch durch einen Verbrennungsprozeß,
zerstäubt oder verzehrt wird oder die Atmosphäre der Erde wieder verläßt.
In den meisten Nächten fallen die Sternschnuppen einzeln, ohne bestimmte
Richtung und in längeren Zwischenräumen, in anderen dagegen zeichnen sie
sich durch bedeutende, mitunter sogar durch außerordentlich große
Häufigkeit aus. Im Jahre 1799 beobachtete A. von Humboldt in den
Morgenstunden des 12. November zu Cumana in Venezuela von 2 ½ Uhr an
Tausende von Feuerkugeln und Sternschnuppen am östlichen Himmel, welche
alle in einer gleichmäßigen Richtung von Norden nach Süden zogen; er
zeigte später, daß dieser Sternschnuppenregen in ganz Amerika vom
Äquator bis Grönland und bis nach Deutschland beobachtet worden sei, so
daß das Erscheinungsfeld dieses Phänomens etwa 1 Million Quadratmeilen
umfaßte. Später erregte das Studium der Sternschnuppen, welches von den
Astronomen anfangs stark vernachlässigt worden war, allgemeineres
Interesse, und bald fand man, daß bestimmte Perioden des Jahres und
gewisse Nächte durch bald stärkere, bald schwächere Meteorschauer
ausgezeichnet seien. Man suchte nun Nachrichten über solche Vorkommnisse
in alten Aufzeichnungen und Chroniken und gelangte zu dem interessanten
Resultat, daß einzelne Sternschnuppenschwärme seit dreieinhalbtausend
Jahren fast genau dieselben Tage einhalten; z. B.:
Tab1:
Sternschnuppenschwärme
Weitaus am reichsten ist in der nördlichen Hemisphäre der Schwarm vom
13. zum 14. November, ferner der „Strom des heiligen Laurentius", dessen
feurige Tränen nach altem Volksglauben in der Nacht des 10. August
niederfallen. Im ganzen Verlauf des Jahres zeichnen sich für die
nördliche Halbkugel die folgenden Tage durch größere Meteorschwärme aus,
während spärlichere Ströme noch außerdem in sehr bedeutender Anzahl
auftreten:
Tab2: Meteoritenschwärme
Die Betrachtung eines dieser schönen Phänomene ergibt das wichtige
Resultat, daß die Bahnen der einzelnen Sternschnuppen eines Schwarmes
sich nicht regellos kreuzen, sondern daß sie nach rückwärts verlängert
aus einen bestimmten Punkt des Himmels, den Radiationspunkt oder
Radianten hinziehen oder von demselben ausgehen, der weder im Verlauf
der Nacht noch von einem Jahre zum anderen sich ändert. So weisen die
Meteore des Laurentiusstroms aus einen Punkt, der sich in der Nähe des
Sternes γ im Sternbild des Perseus befindet, der Schwarm vom 13.
November hat seinen Radiationspunkt zwischen den Sternen γ und µ, im
Löwen, weshalb man dieselben auch die Ströme der Perseiden und der
Leoniden genannt hat.
Die einzige Möglichkeit für die Erklärung der Verhältnisse, wie wir sie
hier kennengelernt haben, ist die, daß die in einer jeden solchen Nacht
sichtbar werdenden Meteore zu einem Schwarme gehören, welcher, aus einer
Ungeheuern Anzahl kleiner Körper bestehend, die Sonne in gemeinsamer
Bahn umkreist; letztere schneidet die Erdbahn in einem Punkte, den die
Erde am Tage des Sternschnuppenschauers passiert, und bei seinem
Durchgang durch den Meteorstrom reißt dann unser Planet vermöge seiner
Schwere einen Teil jener kleinen Körper zu sich hernieder.
Wie schon erwähnt, sind die beiden Ströme der Perseiden (9.—13. August)
und der Leoniden (13.—14. November) bei weitem die reichsten, welche die
Erde kreuzt. Aber nicht in jedem Jahre ist der Glanz der Erscheinung
derselbe; die Perseiden zeigen sich alle 108 Jahre in einem Maximum des
Glanzes, das jedoch nicht vorübergehend ist, sondern 20—30 Jahre anhält.
Noch auffallender ist der Wechsel der Leoniden. Wir haben schon die
Schilderung erwähnt, welche Humboldt von dem zu Cumana beobachteten
Falle gibt; weiter sahen in der Nacht vom 12. zum 13. November 1833
Olmsted und Palmer zu Newhaven in Nordamerika, wie Feuerkugeln
raketenartig von einem einzigen Punkt des Himmels ausgingen und zwar in
so großer Zahl, daß sie dicht wie Schneeflocken fielen und der Himmel
fast ganz in Feuer zu stehen schien; es wurde berechnet, daß dort in
neun Stunden, während welcher die Erscheinung anhielt, mehr als eine
Viertelmillion Meteore gefallen sein müssen. Allein bei weitem nicht in
jedem Jahre zeigt sich so reiche Entwickelung; nach den gesammelten
Berichten kehrt dieses Maximum in einer Periode von 33 ¼ Jahren, also
dreimal in einem Jahrhundert wieder. Durch genaues Studium aller Daten
konnte der abermalige Eintritt für die Nacht vom 13. zum 14. November
1866 vorausgesagt werden, und wirklich zeigte sich zur berechneten Zeit
der Sternschnuppenschwarm in kaum geahnter Schönheit. Aus einer solchen
periodischen Wiederkehr der höchsten Entfaltung konnte geschlossen
werden, daß die kosmischen Körper, die einen derartigen Schwarm bilden,
nicht längs der ganzen Bahn desselben gleichmäßig verteilt, sondern an
einer Stelle besonders dicht gedrängt sind, und aus der regelmäßigen
Wiederkehr dieses Maximums konnte auch die Zeit bestimmt werden, welche
der Schwarm nötig hat, um seine Bahn zu durchlaufen. Für die Leoniden
wurde diese Zeit aus 33,25 Jahre festgestellt. Da man die Umlaufszeit,
die Richtung und durch gewisse Kombinationen, die wir hier nicht
eingehend besprechen können, die Geschwindigkeit der Meteore, endlich
den einen Brennpunkt der Bahn, die Sonne, kennt, so war damit die
Möglichkeit vorhanden, die Bahnen von Meteoriten zu berechnen, und es
ergab sich, daß diese Kurven mit solchen, welche die periodischen
Kometen in ihrem Lauf verfolgen, die größte Verwandtschaft besitzen.
Ein gewaltiger Fortschritt in dieser Richtung war es, als Schiaparelli
zeigte, daß die Bahn der Perseiden mit derjenigen des dritten Kometen
von 1862 zusammenfüllt, während für die Leoniden nachgewiesen wurde, daß
der erste Komet des Jahres 1866 in demselben Verhältnis zu ihnen steht.
Ebenso hängt der erste Komet von 1861 mit dem Schwarm vom 26. April, der
Bielasche Komet mit dem Schwarm vom 27.—29. November zusammen, und noch
für eine Anzahl anderer Meteorströme ist es gelungen, sie mit ziemlicher
Wahrscheinlichkeit auf die Bahnen bekannter Kometen zurückzuführen.
Es kann nicht unsere Absicht sein, hier die astronomische Seite der
Frage eingehend zu besprechen; es mag genügen, die nachgewiesene
Möglichkeit hervorzuheben, daß ein Komet durch die Einwirkung der Sonne
oder eines Planeten, welchem er sich stark nähert, zerfalle oder ganz
oder teilweise aufgelöst werde [*1].
Die einzelnen Teile oder Fragmente müssen sich längs der Bahn des
Kometen verteilen und dieselbe weiter verfolgen und so längs dieser den
Meteorring bilden, aus welchen! Die Sternschnuppenschwärme herrühren (s.
untenstehende Abbildung). Der Zusammenhang zwischen beiderlei
Erscheinungen ist ein so inniger, daß, wie E. Weiß es aussprach, nicht
nur jeder periodische Komet die Bildung eines Meteorschwarms veranlassen
muß, sondern auch jeder periodisch wiederkehrende Sternschnuppenfall
überhaupt der Kreuzung der Erdbahn mit derjenigen eines periodischen
Kometenseinen Ursprung zu verdanken hat.
Abb. 78: Kometenbahnen - Neumayr & Uhlig
Sind wir nun berechtigt, wie oben angedeutet wurde, auch die auf die
Erde niederfallenden Meteorsteine mit den Sternschnuppen zu
identifizieren und sie somit als Bruchstücke von Kometen zu betrachten?
Beide sind feste Körper, die mit ungeheurer Geschwindigkeit in unsere
Atmosphäre eindringen; beide komprimieren die Luft auf ihrem Wege vor
sich her außerordentlich stark, wodurch heftige Erhitzung, Glühen und
Aufleuchten hervorgebracht wird. Allerdings herrscht ein bedeutender
Kontrast zwischen dem kleinen Stern, der lautlos am Himmel hinzieht und
verschwindet, und der gewaltigen Feuerkugel, die brausend und rollend
herankommt und nach gewaltiger Detonation den Steinregen niedersendet;
allein diese zwei Erscheinungen bilden nur die beiden Extreme einer
Reihe von Phänomenen, zwischen denen alle Übergänge Vorkommen. Sehr
kleine oder sehr rasch in der Atmosphäre sich bewegende Körper werden
verzehrt, ehe sie die Erde erreichen, und auch das Geräusch der
Detonation dringt aus jenen hohen Regionen nicht bis zur Erdoberfläche
herab. Diese Erwägungen berechtigen wohl dazu, dem Auftreten von
Meteoriten und Sternschnuppen dieselbe Ursache zuzuschreiben, und eine
Bestätigung dieser Auffassung erhält man dadurch, daß es in einzelnen
Fällen gelungen ist, Aerolithen mit Wahrscheinlichkeit auf
Radiationspunkte bekannter Sternschnuppenschwärme zurückzuführen. Wenn
trotzdem weder zur Zeit der Leoniden noch der Perseiden nach den
Verzeichnissen mehr Aerolithen auf die Erdoberfläche gelangen als zu
anderen Zeiten, so erscheint dies zwar als ein Widerspruch, doch ergibt
eine genauere Erwägung, daß derselbe keinerlei Bedeutung hat.
Die Astronomen nehmen an, daß die Atmosphäre der Erde täglich von 18—12
Millionen Sternschnuppen gekreuzt wird, während man die Zahl der in
einem Tage niederfallenden Meteorsteine auf 2 — 3 schätzt; daraus geht
hervor, daß von allen den festen Körpern, welche in die Atmosphäre
eintreten, nur ein ganz verschwindend kleiner Teil bis zur Erde gelangt,
die ungeheure Mehrzahl dagegen auf ihrem Wege durch die Atmosphäre
zerstört wird. Daher werden die Verhältnisse, unter welchen ein
Meteorstrom in die Atmosphäre gelangt, von größerer Wichtigkeit für die
Erhaltung der einzelnen Körper sein als die Zahl dieser. Die Zerstörung
der Meteore ist eine Wirkung der Schnelligkeit, mit der sich dieselben
durch die Atmosphäre bewegen; je rascher also die Körper eines Schwarmes
die Luft durchschneiden, um so mehr werden sie der Vernichtung
ausgesetzt sein, ohne die Erdoberfläche zu erreichen. Die
Geschwindigkeit nun, mit welcher ein Meteor die Luft durchschneidet,
hängt nicht nur von seiner eigenen Beschleunigung, sondern ganz
wesentlich auch von der Richtung ab, in der es auf die Erde trifft.
Kommt das Meteor aus derjenigen Richtung, nach welcher die Erde sich
gerade in ihrer Bahn bewegt, so wird die Sternschnuppe die Atmosphäre,
die sich ja mit der Erde fortbewegt, mit einer Geschwindigkeit
durchschneiden, welche derjenigen der Erde (fast 4 Meilen in der
Sekunde) plus derjenigen des Meteors gleichkommt; im entgegengesetzten
Falle, wenn die Sternschnuppe aus jener Region kommt, aus welcher die
Erde sich fortbewegt, wenn sie mit anderen Worten die Erde einholen muß,
dringt sie verhältnismäßig viel langsamer in die Atmosphäre ein, ihre
Geschwindigkeit in dieser ist dann gleich der ursprünglichen
Beschleunigung des Meteors minus derjenigen der Erde.
Es geht daraus hervor, daß für Schwärme, welche der Erde gerade
entgegenkommen oder die Richtung der letzteren unter einem sehr spitzen
Winkel schneiden, verhältnismäßig wenig Aussicht auf die Erhaltung der
Meteore und somit auf den Falle von Steinen vorhanden ist; gerade die
Leoniden und Perseiden befinden sich in diesem Falle, woraus wir uns
wohl erklären können, warum die Zeit vom 9.—13. August und vom 18. zum
14. November nicht durch häufigere Aerolithenfälle ausgezeichnet ist.
Ende - p. 103
[*1]: Das Zerfallen eines Kometen in zwei oder mehrere ist eine mehrfach konstatierte Tatsache; das bekannteste Beispiel bietet der Bielasche Komet, der sich im Januar 1646 in zweiteilte, und der Brookssche Komet aus dem Jahre 1890.
Geschichte der Geowissenschaften
Allgemeine Geologie
Das Universum und Sonnensystem
Olbersches Paradox (Petzholdt, 1840)
Sonnensystems (Petzholdt, 1840)
Die Sonne (Walther, 1908)
Exzentrizität Erdumlaufbahn (Kayser,
1912)
Hemisphären des Mars (Neumayer, 1897)
Mond-Karte (Schoedler, 1863)
Ringberg, Mond-Krater (Walther,
1908)
Ringkrater,
ebenen Mond (Walther 1908)
Schnitt durch Mondkrater (Kayser 1912)
Oberfläche Mondes (Kayser, 1912)
Meteorit im Anschliff (Fritsch, 1888)
Pallasit, Meteorit (Neumayr & Uhlig, 1897)
●
Meteorit von Kakova (Neumayr, 1897)
Meteorit (Walther, 1908)
Meteorit, Chondrit (Kayser, 1912)
Meteorit, beidseitig (Kayser, 1912)
Widmanstätten´sche Linien (Kayser,
1912)
Moldavite (Kayser, 1912)
Biografien
der Autoren
M.Neumayr
/ V.Uhlig (1897)
Neumayr & Uhlig (1897) in der OCR-Version, korrigiert mit Anmerkungen im
Download-Zentrum
Apuntes Geología General
Das Universum - endlich - unbegrenzt
Universum in Expansion
Chemie des Universums
Animation: Impakt!
Geschichte der Geowissenschaften
Geschichte der Geowissenschaften
Geschichte Allgemeine Geologie
Geschichte Paläontologie
Geschichte der Lagerstättenkunde
Inhalt
Geschichte der Tektonik
Inhalt Bergbau-Geschichte
Biografien
der Autoren
Wörterbuch, Begriffe
Download Zentrum
Ausdrücklich ist jegliche, nicht
von den Autoren genehmigte, Neuveröffentlichung untersagt. Dies gilt
speziell für elektronische Publikationen:
Nutzungsrichtlinien
© Wolfgang Griem (2019) - Todos los derechos reservados - alle Rechte vorbehalten