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Geschichte der Region Atacama (Chile)

P. Treutler: Erdbeben  in einer Mine in Tres Puntas

Bergbau in Atacama

W. Griem, 2020

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Tres Puntas


Literatur: Erdbeben in Tres Puntas, Atacama

español / deutsch

Paul Treutler:
Beschreibung eines Erdbeben in einer Mine in Tres Puntas - Atacama Wüste - Chile.
Gefährliche Situation in einer Silbergrube während eines starken Erdbebens

Während der ersten Tage des Septembers ritt ich wiederum nach Tres Puntas [...] ergriff [ich] ein Grubenlicht und stieg in den Schacht hinab, um die Mine zu besichtigen. Längere Zeit hatte ich mich darin aufgehalten und die verschiedenen Arbeiten besucht, bis ich, es mochte gegen Mitternacht sein, aus dieser Tiefe wieder empor zu klettern begann.

Als ich ungefähr die Hälfte des Weges zurückgelegt hatte und eben quer über einen senkrechten Schacht auf einen mit Einschnitten versehende Balken balancieren wollte, erdröhnte plötzlich auf eine Schrecken und Grauen erregende Art das Innere der Erde, und ein bald darauf erfolgender kurzer perpendikulärer Stoß, der mich zu Boden warf, verkündete mir nur zu deutlich, dass wiederum ein Erdbeben stattfand. –

Ich hatte bei dem Fall mein Grubenlicht verloren, welches erloschen war, und ich befand mich nun in voller Finsternis ganz allein in dieser Grube, wenig Schritte vor dem tiefen Schacht.
Das Gefährliche meiner Lage wohl erkennend, dass mich ein zweiter Stoß leicht auf den steilen Felsboden hinschieben und in den Schacht hinabstürzen könnte, klammerte ich mich mit wahrhaft fieberhafter Angst an eine vorspringende Felsspitze.

Der Stoß ließ nicht lange auf sich warten. Wiederum erdröhnte die Erde und es trat nun eine oszillierende Bewegung ein, welche mich während einer Minute wie in einer Wiege hin und her warf. Hiernach aber wurden die Schwankungen immer schwächer und hörten endlich ganz auf, sodass ich mich der Hoffnung hingab, dass das Erdbeben vorüber sei.

Ich hatte mich doch bitter getäuscht, und die vorangegangenen Stöße waren nur das Vorspiel einer für mich verzweiflungsvollen Lage gewesen, denn plötzlich erscholl aus den Tiefen der Erde ein so furchtbares donnerndes Getöse, ein solches Krachen, ein Geprassel und Dröhnen, als wenn sie bersten, Felsen gespalten und in eine enorme Tiefe gestürzt und zerschellten, sodass ich fast betäubt war. Hierauf folgte ein so starker horizontaler Stoß, dass ich von meinem Anhaltspunkt gewaltsam losgerissen wurde und ins Gleiten kam.

In der größten Angst bot sich alles Mögliche auf, mich fest zu halten, doch vergebens! Ein neuer mächtiger Stoß erfolgte und ich rollte unaufhaltsam nach dem Schacht.

Schon schwebte mein halber Körper über demselben und ein Schrei des Entsetzens entfuhr meiner Brust. Da, o gütige Vorsehung, erfasste ich einen Balken, der über den Schacht führte, und ihn krampfhaft mit beiden Armen umklammernd, hing ich nun über der Grausen erregenden Tiefe. Ich bot alle meine Kräfte auf, mich aus dieser schrecklichen Lage auf den Balken zu schwingen, es war aber vergebens! Ich besaß nicht die genügende Kraft. – Ein schrecklicher Augenblick für mich! Ich empfand nur zu deutlich, wie meine Kräfte schwanden, und nur noch Sekunden konnte ich mich halten, dann musste ich loslassen und in die bodenlose Tiefe stürzen.

Ich empfahl Gott meine Seele und bat ihm nur um einen schnellen Tod, denn zu oft hatte ich ja leider die Gelegenheit gehabt, Bergleute zu sehen, welche in die Schächte gestürzt, und da diese nicht ausgezimmert, von einer vorstehenden Felsspitze, zur anderen geschleudert worden waren und unten ganz verstümmelt, mit zerbrochenen Rippen, Armen und Beinen ankamen, dann noch lebend an die Oberfläche geschafft, hier endlich unter furchtbaren Schmerzen dahinschieden. Noch einmal, das letzte Mal versuchte ich in der Todesangst mit wahrhaft übermenschlicher Kraft mich zu erheben und o Glück es gelang! Mir einen kühnen Schwung gebend, von welchem Leben und Tod abhing, erreichte mein Fuß eine vorstehende Felsspitze. In der Furcht, dass auch diese meine letzte Hoffnung schwinden möge und der Stein mich nicht tragen würde, wagte ich zuerst nur die Fußspitze, dann erst allmählich den ganzen Fuß darauf zu setzen, doch zum Glück erhielt sie mich.

Während ich Gott noch so eben – denn die ganze Katastrophe war nur das Werk von wenigen Minuten – um einen schnellen Tod gebeten hatte, flehte ich ihn jetzt um Rettung an; doch sie sollte nicht erscheinen, im Gegenteil sollte sich meine Lage noch verschlimmern. Ein nochmaliges Donnern und Tosen erscholl aus dem Innern der Erde, ein heftiger Stoß folgte wiederum, sodass ich alles aufbieten musste, meinen Standpunkt nicht zu verlieren, und nicht genug damit, hatte das Erdbeben zu meinem Schrecken eine Menge zentnerschwerer großer Steine, welche sich an den Seiten der steil hinaufführenden  Strecke befanden, derart erschüttert, dass sie unter Krachen und Donnern mit furchtbarer Schnelligkeit von oben herab auf mich zugerollt kamen und dicht neben mir in den Schacht stürzten und einer davon mich verwundete.

Zu meinem unerwarteten Glück ging aber auch diese Gefahr an mich vorüber, die wild aufgeregten Elemente beruhigten sich, dass Dröhnen und Donnern, so wie die Erschütterungen wurden allmählich schwächer und  hörten bald ganz auf.  Es war aber auch die höchste Zeit, denn infolge des durch die Verwundung sich einstellenden Blutverlustes nahmen meine Kräfte fühlbar ab, sodass, wenn nicht bald Rettung kam, um mich aus der grauenvollen Lage zu befreien, ich verloren war. –

Da weder noch mein Verwalter noch die Bergleute, welche wussten, dass ich mich allein in der Grube befand Anstalten machten mich aufzusuchen, so tauchte der furchtbare Verdacht in mir auf, die Grube sei verschüttet, wo mir dann nur die Wahl blieb, meine Arme loszulassen, in den Abgrund zu stürzen um mich zu zerschmettern zu lassen, oder einen qualvollen Hungertod zu sterben.

Nach einigen weiteren Minuten, welche ich nie vergessen werde, hörte ich endlich menschliche Stimmen, welche näher und näher kamen, ich sah dann ein mattes Licht, und bald stand mein Verwalter und die Bergleute neben mir, welche mich, da ich vor Schreck und Todesangst nicht fähig war aufwärts zu steigen, aus der Grube emportrugen.

 

Der Text wurde digitalisiert, in ASCII umgewandelt, bearbeitet und teilweise der aktuellen Rechtschreibung angepasst von Dr. Wolfgang Griem - Kürzungen vorbehalten.

 

Literatur
Aus: TREUTLER, PAUL (1882): Fünfzehn Jahre in Südamerika an de Ufern des Stillen Ozeans. - 3 Bd., Seite 137-139; Weltpostverlag, Leipzig. [Sammlung W.Griem]

Miranda, G. (1923): Álbum gráfico del terremoto del Norte. - 116p. Imprenta Universitario, Santiago - Chile..

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TREUTLER, PAUL (1882): Fünfzehn Jahre in Südamerika an de Ufern des Stillen Ozeans. - 3 Bd., Seite 91/92; Weltpostverlag, Leipzig. [Sammlung W. Griem]

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Publiziert: 22.2. 2006; Aktualisiert: 16.1.2016, 13.5.2017, 21.5.2017, 14.7.2018, 08.12.2020
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