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W. Griem, 2020
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Tres Puntas
Das Krankenhaus von Copiapó nach dem schweren Erdbeben von 1922
Foto total
Sammlung Museo Regional de Copiapó
Treutler beschreibt ein Erdbeben in seinem Bergwerk
(Mina Cobriza) in Tres Puntas.
Im Gegensatz zu den anderen Schilderungen ist Treutlers sehr Ich-bezogen.
Es muss davon ausgegangen werden, dass er solch ein Erdbeben nie miterlebt
hat (zumindest nicht in seiner Mine):
a) Zwischen 1850 und 1859 gibt es keine Aufzeichnungen über ein solch schweres
Erdbeben welches "Anfang September" stattfand. Die beiden großen Beben von
1851 und 1859 fanden im Mai bzw. im Oktober statt.
b) Die Schilderungen besitzen eher einen dramaturgischen Charakter und beziehen
sich kaum auf Naturbeobachtung.
c) Ein Erdbeben, welches eine Person umwerfen kann, sollte an der Oberfläche
sehr große Verwüstungen anrichten - Kein Wort darüber bei Treutler.
Es muss davon ausgegangen werden, dass Treutler nie solch eine Situation selbst erlebt hat, sondern nur durch Erzählungen sich eine Geschichte ausgedacht hat.
Foto total: Das Krankenhaus von Copiapó nach einem Erdbeben.
Sammlung Museo Regional de Copiapó
Literatur: Erdbeben in Tres Puntas, Atacama
Paul Treutler:
Beschreibung eines Erdbeben in einer Mine in Tres Puntas - Atacama
Wüste - Chile.
Gefährliche Situation
in einer Silbergrube während eines starken Erdbebens
Während der ersten Tage des Septembers ritt ich wiederum nach Tres
Puntas [...] ergriff [ich] ein Grubenlicht und stieg in den Schacht
hinab, um die Mine zu besichtigen. Längere Zeit hatte ich mich darin
aufgehalten und die verschiedenen Arbeiten besucht, bis ich, es
mochte gegen Mitternacht sein, aus dieser Tiefe wieder empor zu
klettern begann.
Als ich ungefähr die Hälfte des Weges zurückgelegt hatte und eben
quer über einen senkrechten Schacht auf einen mit Einschnitten versehende
Balken balancieren wollte, erdröhnte plötzlich auf eine Schrecken
und Grauen erregende Art das Innere der Erde, und ein bald darauf
erfolgender kurzer perpendikulärer Stoß, der mich zu Boden warf,
verkündete mir nur zu deutlich, dass wiederum ein Erdbeben stattfand.
–
Ich hatte bei dem Fall mein Grubenlicht verloren, welches erloschen
war, und ich befand mich nun in voller Finsternis ganz allein in
dieser Grube, wenig Schritte vor dem tiefen Schacht.
Das Gefährliche meiner Lage wohl erkennend, dass mich ein zweiter
Stoß leicht auf den steilen Felsboden hinschieben und in den Schacht
hinabstürzen könnte, klammerte ich mich mit wahrhaft fieberhafter
Angst an eine vorspringende Felsspitze.
Der Stoß ließ nicht lange auf sich warten. Wiederum erdröhnte die
Erde und es trat nun eine oszillierende Bewegung ein, welche mich
während einer Minute wie in einer Wiege hin und her warf. Hiernach
aber wurden die Schwankungen immer schwächer und hörten endlich
ganz auf, sodass ich mich der Hoffnung hingab, dass das Erdbeben
vorüber sei.
Ich hatte mich doch bitter getäuscht, und die vorangegangenen Stöße
waren nur das Vorspiel einer für mich verzweiflungsvollen Lage gewesen,
denn plötzlich erscholl aus den Tiefen der Erde ein so furchtbares
donnerndes Getöse, ein solches Krachen, ein Geprassel und Dröhnen,
als wenn sie bersten, Felsen gespalten und in eine enorme Tiefe
gestürzt und zerschellten, sodass ich fast betäubt war. Hierauf
folgte ein so starker horizontaler Stoß, dass ich von meinem Anhaltspunkt
gewaltsam losgerissen wurde und ins Gleiten kam.
In der größten Angst bot sich alles Mögliche auf, mich fest zu halten,
doch vergebens! Ein neuer mächtiger Stoß erfolgte und ich rollte
unaufhaltsam nach dem Schacht.
Schon schwebte mein halber Körper über demselben und ein Schrei
des Entsetzens entfuhr meiner Brust. Da, o gütige Vorsehung, erfasste
ich einen Balken, der über den Schacht führte, und ihn krampfhaft
mit beiden Armen umklammernd, hing ich nun über der Grausen erregenden
Tiefe. Ich bot alle meine Kräfte auf, mich aus dieser schrecklichen
Lage auf den Balken zu schwingen, es war aber vergebens! Ich besaß
nicht die genügende Kraft. – Ein schrecklicher Augenblick für mich!
Ich empfand nur zu deutlich, wie meine Kräfte schwanden, und nur
noch Sekunden konnte ich mich halten, dann musste ich loslassen
und in die bodenlose Tiefe stürzen.
Ich empfahl Gott meine Seele und bat ihm nur um einen schnellen
Tod, denn zu oft hatte ich ja leider die Gelegenheit gehabt, Bergleute
zu sehen, welche in die Schächte gestürzt, und da diese nicht ausgezimmert,
von einer vorstehenden Felsspitze, zur anderen geschleudert worden
waren und unten ganz verstümmelt, mit zerbrochenen Rippen, Armen
und Beinen ankamen, dann noch lebend an die Oberfläche geschafft,
hier endlich unter furchtbaren Schmerzen dahinschieden. Noch einmal,
das letzte Mal versuchte ich in der Todesangst mit wahrhaft übermenschlicher
Kraft mich zu erheben und o Glück es gelang! Mir einen kühnen Schwung
gebend, von welchem Leben und Tod abhing, erreichte mein Fuß eine
vorstehende Felsspitze. In der Furcht, dass auch diese meine letzte
Hoffnung schwinden möge und der Stein mich nicht tragen würde, wagte
ich zuerst nur die Fußspitze, dann erst allmählich den ganzen Fuß
darauf zu setzen, doch zum Glück erhielt sie mich.
Während ich Gott noch so eben – denn die ganze Katastrophe war nur
das Werk von wenigen Minuten – um einen schnellen Tod gebeten hatte,
flehte ich ihn jetzt um Rettung an; doch sie sollte nicht erscheinen,
im Gegenteil sollte sich meine Lage noch verschlimmern. Ein nochmaliges
Donnern und Tosen erscholl aus dem Innern der Erde, ein heftiger
Stoß folgte wiederum, sodass ich alles aufbieten musste, meinen
Standpunkt nicht zu verlieren, und nicht genug damit, hatte das
Erdbeben zu meinem Schrecken eine Menge zentnerschwerer großer Steine,
welche sich an den Seiten der steil hinaufführenden Strecke
befanden, derart erschüttert, dass sie unter Krachen und Donnern
mit furchtbarer Schnelligkeit von oben herab auf mich zugerollt
kamen und dicht neben mir in den Schacht stürzten und einer davon
mich verwundete.
Zu meinem unerwarteten Glück ging aber auch diese Gefahr an mich
vorüber, die wild aufgeregten Elemente beruhigten sich, dass Dröhnen
und Donnern, so wie die Erschütterungen wurden allmählich schwächer
und hörten bald ganz auf. Es war aber auch die höchste
Zeit, denn infolge des durch die Verwundung sich einstellenden Blutverlustes
nahmen meine Kräfte fühlbar ab, sodass, wenn nicht bald Rettung
kam, um mich aus der grauenvollen Lage zu befreien, ich verloren
war. –
Da weder noch mein Verwalter noch die Bergleute, welche wussten,
dass ich mich allein in der Grube befand Anstalten machten mich
aufzusuchen, so tauchte der furchtbare Verdacht in mir auf, die
Grube sei verschüttet, wo mir dann nur die Wahl blieb, meine Arme
loszulassen, in den Abgrund zu stürzen um mich zu zerschmettern
zu lassen, oder einen qualvollen Hungertod zu sterben.
Nach einigen weiteren Minuten, welche ich nie vergessen werde, hörte
ich endlich menschliche Stimmen, welche näher und näher kamen, ich
sah dann ein mattes Licht, und bald stand mein Verwalter und die
Bergleute neben mir, welche mich, da ich vor Schreck und Todesangst
nicht fähig war aufwärts zu steigen, aus der Grube emportrugen.
Der Text wurde digitalisiert, in ASCII umgewandelt, bearbeitet und teilweise der aktuellen Rechtschreibung angepasst von Dr. Wolfgang Griem - Kürzungen vorbehalten.
Literatur
Aus: TREUTLER, PAUL (1882): Fünfzehn Jahre in Südamerika an de Ufern des
Stillen Ozeans. - 3 Bd., Seite 137-139; Weltpostverlag, Leipzig. [Sammlung
W.Griem]
Miranda, G. (1923): Álbum gráfico del terremoto del Norte. - 116p. Imprenta
Universitario, Santiago - Chile..
●
Bibliographie
Atacama
●
Sammlung
W. Griem
Geschichte Atacama
Bergbau Atacama
Erdbeben in Atacama
Auflistung
1851: Gilliss
Burmeister (1859)
1859 Johnstone- Henwood
Treutler 1882 (Chile)
●
Treutler: Erdbeben in Tres Puntas
1918: Rojas Carrasco
1922 Rojas Carrasco
Sieberg & Gutenberg*
Tres Puntas
Der Ort,
Friedhof
Buena Esperanza
Cobriza*
Chronologie von Tres Puntas
Treutler: Leben in Tres Puntas
Treutler: Bar Tres Puntas (1852)
Treutler: Im Bergwerk
Treutler: Arbeiten in Tres Puntas
Treutler: Bergbau Tres Puntas
●
Treutler: Beben in Tres Puntas
Treutler: Unfall in Tres Puntas
San Román: Tres Puntas
Carta minero de Cornwall*
Philippi Tres Puntas (1856)
Philippi Tres Puntas (1860)
Philippi: Geschichte Tres P.
Karte Bereich
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Liste der Minen Tres Puntas*
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Salvadora in Tres Puntas
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Erdbeben in Atacama
Auflistung
1851: Gilliss
Burmeister (1859)
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1859 Johnstone - Henwood
1918: Rojas Carrasco
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TREUTLER, PAUL (1882): Fünfzehn Jahre in Südamerika
an de Ufern des Stillen Ozeans. - 3 Bd., Seite 91/92; Weltpostverlag, Leipzig.
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